Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Murks vor der Attacke
Die Bayern scheinen beim 1:0 in Darmstadt schon beim Leipzigspiel – Costa mit Traumtor
- Karl-Heinz Rummenigge freute sich über sein Wortspiel. „Ein Sonntagsschuss am Sonntag“, sagte der Vorstandsboss über den befreienden Lucky-Punch-Schuss von Douglas Costa, zuvor einer der Schwächsten der trägen und ideenlosen Bayern. Mit links hämmerte er den Ball aus rund 25 Metern in den Winkel – das 1:0 (70.) und der Sieg der Münchner gegen die tapferen Darmstädter, die Letzten der Tabelle. Ein lichter Moment Glanz bei einem zähen Arbeitskick reinster Prägung.
Die Gastgeber schafften es, dem Tabellenführer ihr ungemütliches Spiel aufzuzwingen, machten die Räume eng. Darmstadt verteidigte mannhaft, aufopferungsvoll, kämpfte um jeden Zentimeter. Die Bayern hatten Feldüberlegenheit, aber keine Kontrolle und kamen mit einem zittrigen 1:0 davon, bei dem die Gedanken schon ganz woanders waren: Mittwoch! Leipzig! Statement setzen! Coach Carlo Ancelotti ließ seine Elf nicht groß rotieren, sie sollte sich eher einspielen für den Kracher. Im Vergleich zum lockeren, spielerisch herausgeschossenen 5:0 gegen den VfL Wolfsburg vergangene Woche brachte er Mats Hummels, Xabi Alonso und Douglas Costa für Juan Bernat, Franck Ribéry und Arjen Robben, der geschont wurde und gar nicht erst mitgereist war.
Ein Duell der Systeme
Das 1:0 sichert den Münchnern den Verbleib an der Tabellenspitze, nur dank der besseren Tordifferenz im Vergleich zu Leipzig. Schön für die Dramaturgie drei Tage vor Heiligabend (Anstoß in der Allianz Arena um 20 Uhr): Der Sieger ist Weihnachtsmeister. Bayern gegen Bullen, der Platzhirsch der Liga gegen den besten Aufsteiger aller Zeiten – ein Duell der Systeme. Kontrollierte Attacke der Ancelotti-Bayern gegen Ralph Hasenhüttls freche PressingMonster.
„Am Mittwoch werden wir besser spielen“, verkündete Rummenigge und fügte süffisant grinsend hinzu: „Wer gegen Barcelona, Real Madrid, Manchester United oder gegen wen alles gespielt hat, ist auch für Rasenballsport bereit. So heißt das jetzt – lese ich zumindest immer.“Die Vorfreude der Bayern ist groß. „RB wird ein anderer Gegner sein, ein ganz anderes Spiel. Es wird ein heißes Aufeinandertreffen, ein Duell auf Augenhöhe“, sagte Manuel Neuer, der außerdem meinte: „Außer dem Spiel heute haben wir zuletzt wieder guten Fußball gezeig.“Doch klar sei eben auch: „Gerade wie wir in der ersten Halbzeit aufgetreten sind, das war nicht der FC Bayern. Die Spielgeschwindigkeit und die Passgenauigkeit haben heute gefehlt.“
Die Bayern haben Respekt vor Leipzig. Das belegt allein schon die Tatsache, dass sie die Aufsteiger, die zwischenzeitlich drei Spieltage auf Rang eins standen, zuletzt verbal etwas ins Visier genommen hatten. Für seinen Ausrutscher auf der Jahreshauptversammlung – „wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich wieder attackieren können“– hatte sich Präsident Uli Hoeneß zwar schnell entschuldigt, die Botschaft war dennoch in der Welt.
Leipzig habe den Vorteil „auf der Couch sitzen zu können“, wenn Bayern in der Champions League ranmuss, betonte Hoeneß. Wird sich nächste Saison ändern. In diesen Sätzen von Hoeneß schwingt sogar Hochachtung mit: „Ohne Dietrich Mateschitz und ohne Red Bull gäbe es im Osten keinen wettbewerbsfähigen Fußballverein“, sagte der Präsident über den RB-Mäzen, „deswegen kann ich da nichts Negatives dran finden.“
Dennoch: Vor dem Duell am Mittwoch wirkt Bayern wie ein Verein voller Attacke! Man möchte FußballDeutschland zeigen, wer der Herr im Hause Bundesliga ist. „Wir wollen schön in die Weihnachtsfeiertage. Tabellenführer ist Tabellenführer, aber mit drei Punkten Vorsprung ist man auf der sicheren Seite“, sagte Rummenigge. Ob er mit einem Remis, und damit Rang eins, auch zufrieden sei? „Nein. Wir spielen zu Hause.“Philipp Lahm, wegen „leichter Probleme beim Aufwärmen“kurzfristig aus der Startelf genommen, hatte das bajuwarische Selbstverständnis zuvor so erklärt: „Wichtig ist, dass wir unsere Spiele gewinnen, und wenn wir das tun, sind wir am Ende Tabellenführer.“Und Meister, zum fünften Mal hintereinander.