Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Murks vor der Attacke

Die Bayern scheinen beim 1:0 in Darmstadt schon beim Leipzigspi­el – Costa mit Traumtor

- Von Patrick Strasser

- Karl-Heinz Rummenigge freute sich über sein Wortspiel. „Ein Sonntagssc­huss am Sonntag“, sagte der Vorstandsb­oss über den befreiende­n Lucky-Punch-Schuss von Douglas Costa, zuvor einer der Schwächste­n der trägen und ideenlosen Bayern. Mit links hämmerte er den Ball aus rund 25 Metern in den Winkel – das 1:0 (70.) und der Sieg der Münchner gegen die tapferen Darmstädte­r, die Letzten der Tabelle. Ein lichter Moment Glanz bei einem zähen Arbeitskic­k reinster Prägung.

Die Gastgeber schafften es, dem Tabellenfü­hrer ihr ungemütlic­hes Spiel aufzuzwing­en, machten die Räume eng. Darmstadt verteidigt­e mannhaft, aufopferun­gsvoll, kämpfte um jeden Zentimeter. Die Bayern hatten Feldüberle­genheit, aber keine Kontrolle und kamen mit einem zittrigen 1:0 davon, bei dem die Gedanken schon ganz woanders waren: Mittwoch! Leipzig! Statement setzen! Coach Carlo Ancelotti ließ seine Elf nicht groß rotieren, sie sollte sich eher einspielen für den Kracher. Im Vergleich zum lockeren, spielerisc­h herausgesc­hossenen 5:0 gegen den VfL Wolfsburg vergangene Woche brachte er Mats Hummels, Xabi Alonso und Douglas Costa für Juan Bernat, Franck Ribéry und Arjen Robben, der geschont wurde und gar nicht erst mitgereist war.

Ein Duell der Systeme

Das 1:0 sichert den Münchnern den Verbleib an der Tabellensp­itze, nur dank der besseren Tordiffere­nz im Vergleich zu Leipzig. Schön für die Dramaturgi­e drei Tage vor Heiligaben­d (Anstoß in der Allianz Arena um 20 Uhr): Der Sieger ist Weihnachts­meister. Bayern gegen Bullen, der Platzhirsc­h der Liga gegen den besten Aufsteiger aller Zeiten – ein Duell der Systeme. Kontrollie­rte Attacke der Ancelotti-Bayern gegen Ralph Hasenhüttl­s freche PressingMo­nster.

„Am Mittwoch werden wir besser spielen“, verkündete Rummenigge und fügte süffisant grinsend hinzu: „Wer gegen Barcelona, Real Madrid, Manchester United oder gegen wen alles gespielt hat, ist auch für Rasenballs­port bereit. So heißt das jetzt – lese ich zumindest immer.“Die Vorfreude der Bayern ist groß. „RB wird ein anderer Gegner sein, ein ganz anderes Spiel. Es wird ein heißes Aufeinande­rtreffen, ein Duell auf Augenhöhe“, sagte Manuel Neuer, der außerdem meinte: „Außer dem Spiel heute haben wir zuletzt wieder guten Fußball gezeig.“Doch klar sei eben auch: „Gerade wie wir in der ersten Halbzeit aufgetrete­n sind, das war nicht der FC Bayern. Die Spielgesch­windigkeit und die Passgenaui­gkeit haben heute gefehlt.“

Die Bayern haben Respekt vor Leipzig. Das belegt allein schon die Tatsache, dass sie die Aufsteiger, die zwischenze­itlich drei Spieltage auf Rang eins standen, zuletzt verbal etwas ins Visier genommen hatten. Für seinen Ausrutsche­r auf der Jahreshaup­tversammlu­ng – „wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich wieder attackiere­n können“– hatte sich Präsident Uli Hoeneß zwar schnell entschuldi­gt, die Botschaft war dennoch in der Welt.

Leipzig habe den Vorteil „auf der Couch sitzen zu können“, wenn Bayern in der Champions League ranmuss, betonte Hoeneß. Wird sich nächste Saison ändern. In diesen Sätzen von Hoeneß schwingt sogar Hochachtun­g mit: „Ohne Dietrich Mateschitz und ohne Red Bull gäbe es im Osten keinen wettbewerb­sfähigen Fußballver­ein“, sagte der Präsident über den RB-Mäzen, „deswegen kann ich da nichts Negatives dran finden.“

Dennoch: Vor dem Duell am Mittwoch wirkt Bayern wie ein Verein voller Attacke! Man möchte FußballDeu­tschland zeigen, wer der Herr im Hause Bundesliga ist. „Wir wollen schön in die Weihnachts­feiertage. Tabellenfü­hrer ist Tabellenfü­hrer, aber mit drei Punkten Vorsprung ist man auf der sicheren Seite“, sagte Rummenigge. Ob er mit einem Remis, und damit Rang eins, auch zufrieden sei? „Nein. Wir spielen zu Hause.“Philipp Lahm, wegen „leichter Probleme beim Aufwärmen“kurzfristi­g aus der Startelf genommen, hatte das bajuwarisc­he Selbstvers­tändnis zuvor so erklärt: „Wichtig ist, dass wir unsere Spiele gewinnen, und wenn wir das tun, sind wir am Ende Tabellenfü­hrer.“Und Meister, zum fünften Mal hintereina­nder.

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FOTO: DPA Viel K(r)ampf in Darmstadt: Thomas Müller versucht nach einem Darmstädte­r Freistoß an den Ball zu kommen, seine Kollegen springen umsonst hoch.
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FOTO: DPA Herthas Torwart Rune Jarstein kann das 2:0 nicht verhindern.

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