Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Rekord bei nicht ehelichen Geburten
Große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland
(dpa) - Die Ehe ist bei der Geburt eines Kindes in Deutschland zwar immer noch das Familienmodell Nummer 1, doch war der Anteil der nicht ehelich geborenen Babys noch nie so hoch wie in den vergangenen zwei Jahren. Fast jedes dritte Neugeborene (35 Prozent) hatte Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor 25 Jahren, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag berichtete.
Die Unterschiede zwischen Ost und West sind allerdings enorm. In den neuen Ländern sind unverheiratete Eltern in der Mehrheit: 61 Prozent der Babys wurden 2015 im Osten nicht ehelich geboren – doppelt so viele wie in den alten Bundesländern (30 Prozent). Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPI) begründet das unter anderem damit, dass Mütter im Osten jünger seien, die Arbeitslosigkeit und Konfessionslosigkeit sei dort außerdem höher.
Mit Blick auf Europa werde nicht das ostdeutsche Modell, sondern das westdeutsche zum Sonderfall, sagt Klüsener. „Ein niedriger Anteil nicht ehelicher Geburten wie in den alten Bundesländern, wird im europäischen Vergleich immer mehr die Ausnahme.“In Deutschland setze das Steuersystem hohe Anreize vor oder kurz nach der Geburt eines Kindes zu heiraten.
Generell würden unverheiratete Eltern heutzutage nicht mehr stigmatisiert und hätten längst nicht mehr solche Nachteile bei der Wohnungssuche oder im Job wie noch vor einigen Jahrzehnten, sagt Christian Alt vom Deutschen Jugendinstitut. „Das ist eine echte Alternative zu traditionellen Modellen.“Die Rechte nicht ehelicher Kinder seien gestärkt worden, nennt Soziologe Harald Rost noch einen anderen Grund, weshalb sich Paare, die ein Kind erwarten, erst einmal gegen die Ehe entscheiden. „Man wird auch nicht mehr schief angeguckt.“