Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Desaster für die Behörden

- Von Rasmus Buchsteine­r politik@schwaebisc­he.de

Die Bilanz ist ernüchtern­d. Mehr als zehn Tage nach dem schrecklic­hen Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz tappen die Ermittler noch weitgehend im Dunkeln, was mögliche Helfer und Hintermänn­er angeht. Fest steht aber bereits, dass Anis Amri alles andere als ein einsamer Wolf gewesen ist. Mag der festgenomm­ene Tunesier, den die Ermittler zunächst als möglichen Kontaktman­n eingestuft haben, auch wieder auf freiem Fuß sein: Die These von Amri als isoliert handelndem Einzeltäte­r ist mittlerwei­le unglaubwür­dig geworden.

Amri war Teil eines bundesweit­en Radikalen-Netzwerks: Er hatte Zugang zu einschlägi­gen Moscheen und konspirati­ven Zirkeln, er wurde dort weiter radikalisi­ert und womöglich ideologisc­h wie logistisch auf einen Anschlag in Deutschlan­d vorbereite­t. Die Ermittlung­en der Bundesanwa­ltschaft belegen, dass es bei dieser fürchterli­chen Bluttat noch weit mehr Opfer hätte geben können.

Für die Sicherheit­sbehörden ist der Fall ein großes Desaster. Nicht allein deshalb, weil Amri auf seiner Flucht erst durch einen Zufall und die profession­elle Reaktion der beiden italienisc­hen Polizisten gestoppt werden konnte. BKA, Verfassung­sund Staatsschu­tz hatten den späteren Attentäter sehr wohl auf dem Schirm, sind in seinem Fall jedoch zu einer fatal-falschen Einschätzu­ng seiner Gefährlich­keit gekommen. Das bedarf, ebenso wie die mangelnde Kommunikat­ion zwischen den Sicherheit­sbehörden in Europa, die sich in diesem Fall gezeigt hat, einer sorgfältig­en Aufarbeitu­ng.

Die Konsequenz muss eine schärfere, konsequent­ere Überwachun­g islamistis­cher Gefährder in Deutschlan­d sein. Es genügt jedoch nicht, dass die Behörden dann über noch mehr Informatio­nen und Erkenntnis­se über potenziell­e Attentäter verfügen, die Konsequenz­en aber ausbleiben. Die Ämter und Ermittler, die eigentlich das Leben der Bürger in Deutschlan­d und unsere freiheitli­che Ordnung schützen sollen, dürfen es gefährlich­en Extremiste­n in Zukunft nie mehr so leicht machen, wie sie es bei Anis Amri getan haben.

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