Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Akzeptanz beruflicher Bildung stärken
Kultusministerin Eisenmann ist ab Neujahr Präsidentin der Kultusministerkonferenz
- Zum Jahreswechsel übernimmt die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für ein Jahr die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz (KMK). Den Fokus will sie auf die berufliche Bildung legen – ein Bereich, aus dem sie kürzlich heftige Kritik erntete. Sie plant, die Jugendberufshilfe im Land ab April nicht mehr finanziell zu unterstützen. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“schürt Eisenmann nun die Hoffnung, dass die Förderung nicht gänzlich wegfällt.
Seit ihrem Amtsantritt im Mai hat Eisenmann für reichlich Reibungshitze im Südwesten gesorgt. Den größten Wirbel verursachte sie, als sie sich im Oktober öffentlich gegen die in der Koalition ausgehandelten Sparverpflichtungen stellte. Mit dem Sparzwang für ihr Ressort könne sie die Vorgaben zum Ausbau der Ganztagsschule, der Inklusion und dem Informatikpflichtkurs für alle Siebtklässler nicht bewältigen – und sie bekam für ein Jahr mehr Geld.
In den vergangenen Wochen reißt zudem die Kritik nicht ab an Eisenmanns Anweisung, dass in den Grundschulen das „Schreiben nach Gehör“wegfallen und Rechtschreibfehler stärker korrigiert werden sollen – eine Maßnahme gegen das Absacken des Niveaus an den Schulen, das dem Südwesten im vergangenen halben Jahr zwei Vergleichsstudien bescheinigt haben. Lehrer wie Verbände hingegen pochen auf die pädagogische Freiheit. Dass Eisenmann laut „Mannheimer Morgen“zudem laut darüber nachdenkt, den zweistündigen Englisch- respektive Französischunterricht an Grundschulen zu streichen, brachte ihr einige Kritik ein (siehe Kasten).
Anfang des Monats hatten Berufsschullehrerverband (BLV), FDP und SPD scharf kritisiert, dass Eisenmann die jährlich 870 000 Euro einsparen will, mit denen ihr Ressort die Jugendberufshilfe fördert. Mit diesem Projekt werden benachteiligte Jugendliche seit 1999 dabei unterstützt, den beruflichen Anschluss zu finden – was auch den händeringend nach Azubis suchenden Betrieben nütze, wie der BLV-Vorsitzende Herbert Huber erklärte. Fällt die Förderung des Landes weg, seien zahlreiche Umsetzungsmodelle in den Stadtund Landkreisen gefährdet, weil die Kommunen die Kosten nicht allein tragen könnten, so Huber. „Das wird noch höhere Kosten nach sich ziehen, weil mehr Jugendliche nicht vermittelt werden können und dadurch auf staatliche Hilfe angewiesen sind.“
Sozialministerium soll zahlen
Wie passt das zu Eisenmanns Fokus auf die berufliche Bildung? „Die Beibehaltung der freiwilligen Bezuschussung der Jugendberufshilfe im Jahr 2017 hätte letztendlich dazu geführt, dass in Kernbereichen wie zum Beispiel der Unterrichtsversorgung Einschnitte erforderlich gewesen wären, um die Einsparauflagen zu erfüllen“, sagt sie. Dies sei bildungspolitisch nicht vertretbar. „Das Kultusministerium führt aber derzeit Gespräche, um zu klären, ob es nicht im Pakt für Integration alternative Möglichkeiten einer Finanzierung für die Jugendberufshilfe gibt. Diese Gespräche gestalten sich aber schwierig.“Das bestätigt auch ein Sprecher des Sozialministeriums, das den Pakt für Integration verantwortet und mit den kommunalen Spitzenverbänden derzeit aushandelt.
Dass gerade der Übergang von Schule in den Beruf ein sensibler Moment ist, betont auch Eisenmann. Umso wichtiger sei eine möglichst frühe, praxisnahe berufliche Orientierung. „Wie diese weiterzuentwickeln ist, darüber wollen wir intensiv diskutieren.“Und die Ministerin will während ihrer KMK-Präsidentschaft gesellschaftliches Umdenken erreichen. „Bisher gilt der Weg Gymnasium–Abitur–Studium als der Königsweg zu einer erfolgreichen Karriere. Die berufliche Bildung ist aber eine gleichwertige, ebenso hochwertige Alternative. Dies gilt es intensiver an die Öffentlichkeit zu tragen, vor allem bei Eltern und Schülern.“
Mit ihren Kultusministerkollegen wird Eisenmann noch am Tag ihrer offiziellen Amtseinführung am 30. Januar in Berlin mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) über die Ausgestaltung des Digitalpaktes sprechen. Wanka hatte angekündigt, die Digitalisierung in deutschen Klassenzimmern mit fünf Milliarden Euro fördern zu wollen. Aber wer, fragt Eisenmann, bezahlt die Folgekosten, wenn Technik etwa veraltet? Strittig sei dabei auch, dass sich der Bund mit den Geldern überhaupt in die Bildungspolitik einmischen wolle, die ausschließlich Ländersache ist. „Richtig ist, dass sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann in dieser Sache sehr deutlich positioniert hat. Und seine Haltung teile ich.“Geld ja, aber keine Mitsprache.