Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Erster Käferspürhund im Land geht in Altersteilzeit
Rika übergibt Aufgaben an ihre Nichte Quitura – Beide Hunde gehören der Aalener Tierheilerin Petra Meier
- Der erste Käferspürhund Baden-Württembergs lebt in Aalen, und er geht jetzt in Altersteilzeit. 2011 begann Rika im Auftrag des Regierungspräsidiums, Schädlinge in Bäumen und Verpackungen zu erschnüffeln – damals als Pilotprojekt. Nun übernimmt ihre Nichte Quitura immer mehr ihrer Aufgaben. Beide Hündinnen gehören Petra Meier, die in der Kernstadt auch eine naturheilkundliche Praxis für Tiere betreibt.
Trotz ihres fortgeschrittenen Alters von elf Jahren ist Rika nach wie vor begeistert bei der Arbeit: Kaum hat Frauchen Meier den Kofferraum geöffnet, springt die Jagdhündin auf das feuchte Gras und stürmt schwanzwedelnd durch den Garten unterhalb der Limesthermen. Die 49jährige Meier hat zuvor Rindenstücke, die ehemals von Käfern befallen waren, in den Löchern der Bäumchen versteckt. Das Gelände ist ein Privatgrundstück von Meier. „Such den Käfer“, ruft sie, und Rika springt los. Nach wenigen Sekunden hat sie den ersten „befallenen“Baum gefunden, springt an ihm hoch, kratzt und bellt. „Toll gemacht“, lobt Meier und belohnt ihre Deutsch-DrahthaarHündin mit einem Stückchen Wurst.
Die Übung dient mehr der Demonstration als des Trainings. Denn „Rika von der Teufelskanzel“, wie sie mit vollem Namen heißt, ist eine routinierte Schnüfflerin. Die DeutschDrahthaar-Hündin hat eine spezielle Ausbildung auf den Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB) und den Citrusbockkäfer. Als erster Käferspürhund Baden-Württembergs wurde sie vor knapp sechs Jahren in einem Pilotprojekt des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Verbindung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart in Österreich für ihre Aufgabe ausgebildet. Ihr Job ist es seitdem, zu verhindern, dass insbesondere der ALB eingeschleppt und verbreitet wird, indem sie befallene Bäume oder befallenes Verpackungsmaterial anzeigt.
Die Idee dazu kam ihrem Herrchen Hermann Meier, der beim Amtlichen Pflanzengesundheitsdienst im Regierungspräsidium Stuttgart arbeitet. Damals gab es in Deutschland nur noch ein weiteres Käferspürhunde-Team, und zwar in Nordrhein-Westfalen. Seit 2011 ist Rika nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Bayern im Einsatz. Und das mit großem Erfolg: Bereits während ihrer Ausbildung kam sie im damals ersten, vom ALB befallenen Gebiet im bayerischen Neukirchen zum Einsatz. Der Befall ist dort mittlerweile getilgt. 2012 entdeckte Rika in Weil am Rhein das erste befallene Gebiet Baden-Württembergs. Auch in vielen anderen Gebieten wurde sie immer wieder fündig. Schwerpunkt ist Weil am Rhein.
Ein solcher Einsatz ist zeitaufwendig: „Der Quarantäne-Radius des ALB beträgt zwei Kilometer“, erklärt Meier. Das bedeutet, in diesem Umkreis eines befallenen Baumes muss jeder einzelne Baum kontrolliert werden – und das auch noch vier Jahre nach dem letzten Fund, um sicherzugehen, dass keine neuen Käfer nachkommen. Der Käfer ist gefährlich: Wirtspflanzen müssen deshalb bei einem ALB-Fund im Umkreis von 100 Metern gefällt werden.
Rikas außerordentliches Talent zeigte sich auch bei einem EU-weiten Wettbewerb für ALB-Spürhunde, bei dem sie im internationalen Vergleich mit 96 und 97 Prozent bei der Trefferquote deutlich über dem Durchschnitt lag. Wegen ihrer zahlreichen Erfolge ist das Medieninteresse an Rika groß, immer wieder kommen Anfragen von Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern.
Rika soll sich schonen
Doch Rika ist nicht mehr die Jüngste. „In Menschenjahren ist sie über 70, da muss man sie auch mal schonen“, sagt ihr Frauchen. Zwar mache Rika ihren Job immer noch unheimlich gerne, „sie soll aber nicht mehr in jeden Container steigen müssen“. Deshalb übernimmt jetzt nach und nach Nichte „Quitura von der Ostalb“deren Aufgaben. Bei der Käfersuche ist die zweijährige Hündin noch ein wenig ungestüm: Wie ein Gummiball hüpft sie zwischen den Bäumen umher und findet dennoch sehr schnell das Übungsstück. Bereits mit zehn Wochen konnte Quitura ihre erste Larve schnüffeln. Seit dem Welpenalter war sie mit im Einsatz in verschiedensten Befallsgebieten und lernte dabei auch viel von ihrer Tante. Auch die Ausbildung und Prüfung zum zertifizierten Käferspürhund hat sie bereits abgelegt. Die Hündin ist also gut gerüstet, um vor allem mit Petra Meier auf Spurensuche zu gehen. Rikas Teampartner dagegen ist schwerpunktmäßig Petras Ehemann Hermann Meier. Damit gibt es in Aalen zwei Käferspürhunde-Teams, von fünf in Baden-Württemberg.