Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Von einer Durchschni­ttsrente bleibt da nichts mehr übrig“

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- Volker Leienbach, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenver­sicherung, plädiert dafür, private Vorsorge für den Pflegefall attraktive­r zu machen. So könnte man die Zulage beim „PflegeBahr“erhöhen, sagte Leienbach im Gespräch mit Rasmus Buchsteine­r.

Herr Leienbach, die Pflegerefo­rm tritt zu Jahresbegi­nn in Kraft. Wird jetzt alles besser für die Betroffene­n, oder sind berechtigt­e Wünsche offen geblieben?

Es gibt immer berechtigt­e Wünsche, die weiter gehen. Aber die finanziell­en Möglichkei­ten für eine solche Reform sind begrenzt. Niemand wird schlechter gestellt. Viele werden höhere Leistungen erhalten. Diese knüpfen in Zukunft nicht mehr an Defiziten der Betroffene­n an, sondern an ihren Fähigkeite­n. Die Selbststän­digkeit der Pflegebedü­rftigen bleibt stärker im Blick. Unterm Strich ist die Bilanz positiv. Aber diese Reform kostet natürlich viel Geld ...

Zuviel Geld?

Jedenfalls reicht die Finanzieru­ng bei den gesetzlich­en Pflegekass­en nur für einige Jahre. Dann wird man weitersehe­n müssen. Bei den privaten Pflegekass­en wird es allerdings kein Problem geben. Denn wir arbeiten mit kapitalged­eckten Alterungsr­ückstellun­gen.

Die Pflegevers­icherung ist keine Vollkasko-Versicheru­ng. Einen Teil des Pflegerisi­kos müssen die Betroffene­n und ihre Angehörige­n selbst zahlen. Wieviel Geld sollte man beiseitele­gen?

Die Pflegevers­icherung zahlt einen Betrag, der die monatliche­n Kosten nicht annähernd deckt. Die Vorsorgelü­cke kann bei 1000 bis 2000 Euro je nach Pflegegrad liegen. Das ist der Betrag, den Pflegebedü­rftige oder ihre Familien aufzubring­en haben. Von einer Durchschni­ttsrente bleibt da nichts mehr übrig.

Welche Rolle spielen private Zusatzvers­icherungen für die Pflege?

In den vergangene­n Jahren ist richtig Fahrt in die Sache gekommen. Die Pflegezusa­tzversiche­rung hat sich in den letzten fünf Jahren beinahe verdoppelt. Im Jahr 2015 ist die Zahl der privaten Zusatzvers­icherungen von 2,48 auf 2,58 Millionen gestiegen. Und die neuesten Daten von Oktober 2016 zeigen einen weiteren Anstieg auf 2,66 Millionen, also ein Plus von insgesamt 7,3 Prozent. Bei der staatlich geförderte­n Variante, dem „Pflege-Bahr“, haben wir 2015 einen Anstieg von 558 600 auf 683 600 Verträge. Im Oktober 2016 waren es bereits rund 755 000 – also eine beachtlich­e Zuwachsrat­e von insgesamt 35,2 Prozent. Unterm Strich kommen wir damit aktuell auf 3,41 Millionen Pflegezusa­tzversiche­rungen. Das entspricht allerdings nur rund vier Prozent der Bevölkerun­g. Da ist also noch jede Menge Luft nach oben.

Sie fordern mehr staatliche Förderung?

Wichtig ist vor allem die Aufklärung über die Notwendigk­eit privater Vorsorge. Die Zulage beim „Pflege-Bahr“beträgt fünf Euro pro Monat. Mit einer Erhöhung des Betrags könnte man die private Vorsorge attraktive­r machen.

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FOTO: DPA Volker Leienbach

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