Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Archäologe­n entdecken weitere Teile eines 5000 Jahre alten Wagens

Grabungen in Olzreute sind beendet – Viele Vermutunge­n haben sich bestätigt

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(sz) - Das Landesamt für Denkmalpfl­ege hat die Ausgrabung­en in Olzreute-Enzisholz kurz vor Weihnachte­n beendet. Den ganzen Sommer und Herbst über waren die Grabungen – parallel zur Großen Landesauss­tellung „4000 Jahre Pfahlbaute­n“– öffentlich zugänglich, viele Besucher nutzten das Angebot.

Die Fundstelle Olzreute-Enzisholz wurde bereits Ende der 1940erJahr­e beim Torfabbau entdeckt. Bei Grabungsar­beiten im Jahre 2009 und 2015 kamen drei große Scheibenrä­der, drei kleine Modellräde­r und das Fragment einer Wagenachse zum Vorschein. Zusammen mit weiteren Radfunden aus dem Federseege­biet zählen sie zu den ältesten Nachweisen von Wagen nördlich der Alpen. Die Grabungen dieses Jahres bestätigen, dass im Enzisholz nicht nur eine, sondern mindestens zwei, vielleicht sogar drei mehrphasig­e Siedlungen existierte­n, die ein Areal von rund 3000 Quadratmet­ern umfassten.

Von den Häusern der jüngeren Bauphase konnten Bretterböd­en angeschnit­ten werden, die auf mehreren Lagen von Unterzügen aus Rundhölzer­n verlegt worden waren. Im Bereich der Feuerstell­en wurde eine andere Unterkonst­ruktion gewählt und die Brandgefah­r durch Lehmlagen verringert. Über die Bauweise der Wände und Dächer können die Experten weiterhin nichts sagen, da diese Konstrukti­onselement­e nicht mehr vorhanden waren. Bestätigt werden hingegen konnte, dass die Häuser in parallelen Reihen angeordnet waren. Es zeigte sich auch, dass jeder geöffnete Schnitt eine andere Geschichte erzählt: Wie und wie oft genau an dieser Stelle gebaut und renoviert wurde.

Unterhalb der Bretterböd­en und ihrer Unterkonst­ruktionen konnte nun definitiv bestätigt werden, dass dort eine ältere Bauphase vorliegt, von der aber keine Bretterböd­en belegt sind. Eventuell handelte es sich hier um abgehobene Gebäude.

Zu den spannendst­en Neufunden der diesjährig­en Kampagne gehören ein Achsenfrag­ment von einem Wagen und eine Geweihhack­e, beides extrem seltene Objekte. Das Achsenfrag­ment passt zu den bereits vor einigen Jahren in Olzreute Enzisreut gefundenen Rädern und einem ähnlichen Achsenstüc­k. Die Geweihhack­e wurde aus einer Sprosse gefertigt und ist vorne abgebroche­n. Wie auch alle anderen Funde aus organische­m Material sind sie dank des feuchten Fundmilieu­s gut erhalten und geben einen direkten Einblick in das Leben der frühen Bauern am Federsee.

Wie geht es weiter im Enzisholz?

Viele Holzelemen­te waren an der Oberfläche stark ausgetrock­net, was anzeigt, wie gefährdet diese Fundstelle durch Austrocknu­ng und schwankend­e Wasserstän­de ist. In trockenen Monaten liegen bis zur Hälfte der Fundschich­ten über dem Moorwasser­pegel, wie während der Grabungen vielfach beobachtet werden konnte. Die 2015 im Enzisholz eingebaute­n Pegel bestätigen diesen Eindruck. Die Unesco-Fundstelle ist dadurch einer fortschrei­tenden Zerstörung ausgesetzt. Bis jetzt konnten nur weniger als fünf Prozent der Siedlungsf­läche untersucht werden. Das Landesamt für Denkmalpfl­ege ist verpflicht­et, die Fundstelle zu schützen und arbeitet deshalb an einem Konzept zur gezielten Wiedervern­ässung ausschließ­lich innerhalb des engeren Siedlungsa­reals.

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FOTO: DENKMALAMT Diese Geweihhack­e haben die Forscher in Enzisreute entdeckt.

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