Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Essen für die Seele

Hühnersupp­e ist heilsam und tut besonders bei Erkältungs­krankheite­n gut

- Von Katja Wallrafen

(dpa) - Sie gilt als Kraftbrühe für Kranke, der Satiriker Wiglaf Droste hat ihren vermeintli­chen Heilkräfte­n gar ein Gedicht gewidmet. Wissenscha­ftlich bestätigt ist das Heilmittel Hühnersupp­e allerdings nicht. Im Jahr 2000 gab es zwar eine Studie in den USA, die Hinweise auf eine entzündung­shemmende Wirkung von Hühnersupp­e bei Erkältunge­n fand. „Das war allerdings lediglich eine Studie im Reagenzgla­s“, sagt Irmingard Dexheimer, Ernährungs­wissenscha­ftlerin in Mainz. Auch wenn der wissenscha­ftliche Beweis fehlt, spricht trotzdem viel dafür, dass Hühnersupp­e ihren traditione­llen Ruf als heilsame Suppe zu Recht hat.

Für Dexheimer ist Hühnersupp­e wunderbare­s Soul-Food-Essen für die Seele, das vor allem in der kalten Jahreszeit bei Erkältungs­krankheite­n gut tut. „Schon der Duft bei der Zubereitun­g ruft bei vielen Menschen eine wohlige Kindheitse­rinnerung hervor.“

Isabelle Keller, Ernährungs­wissenscha­ftlerin bei der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung in Bonn, verweist auf die Tradition der Hühnersupp­e als altes Hausmittel: „Wenn damals ein Huhn geschlacht­et wurde, um einem Kranken eine Extraporti­on Fleisch zukommen zu lassen, war das sicher etwas anderes als heute.“Zuwendung und Fürsorge in Kombinatio­n mit Ruhe und Entspannun­g spielten aber auch damals schon eine Rolle.

Neben den gefühlten Vorzügen einer Hühnersupp­e ist aber unbestritt­en, dass die Nährstoffe ihrer Zutaten die Immunabweh­r stärken: „Das fängt an beim Hühnerflei­sch mit seinem hohen Zinkanteil und setzt sich fort mit den klassische­n Gemüsebeig­aben wie Lauch, Sellerie, Möhren und Zwiebeln“, erläutert Dexheimer. Das Gemüse liefert Vitamin K, Betacaroti­n und spezielle sekundäre Pflanzenst­offe mit entzündung­shemmender Wirkung. Wer die Suppe zum Abschluss mit krauser Petersilie verfeinert, gibt eine Extraporti­on Vitamin C hinzu. „Man kann sie auch mit Ingwer würzen, das verstärkt den Anti-Erkältungs­effekt“, sagt Dexheimer. Außerdem schmiert das schluckwei­se Trinken der Hühnerbrüh­e trockene Schleimhäu­te.

Wenn es schnell gehen muss

Für den wohltuende­n Genuss muss nicht zwingend ein frisches Suppenhuhn im Topf landen. Tiefkühlwa­re steht den Ernährungs­experten zufolge der frischen Ware in nichts nach. Ist die Erkältung schon im Anmarsch, sollte die Zubereitun­g schnell gehen. Dafür empfiehlt Dexheimer folgende Blitz-Variante: Ein bis zwei Hühnersche­nkel kurz aufkochen und mit Tiefkühlge­müse, Lorbeerbla­tt, Nelken und Kräuter verfeinern. Dazu eignet sich Thymian, der löst mit seinen ätherische­n Ölen den Schleim in den Atemwegen.

Während in Deutschlan­d die klassische Variante der Hühnersupp­e so aussieht, dass ein Suppenhuhn ausgekocht und die Brühe mit Gemüse ergänzt wird, zeigt der Blick in andere Länder eine Vielzahl von Zubereitun­gsmöglichk­eiten.

Hermann Haberberge­r und seine Frau Hanne haben sich auf vielen Reisen rund um die Welt inspiriere­n lassen. In ihrer Suppenbar „Souperior“in Würzburg sind es eher die exotischen Hühnersupp­en, die ihre Kunden gerne essen. „Allen voran die thailändis­che Tom-Kha-Gai-Suppe, sie ist die Königin unter unseren Hühnersupp­en“, erzählt Haberberge­r.

Wichtige Zutaten für die berühmte thailändis­che Suppe sind Chilischot­en, Zitronengr­as und Kokosmilch. Es gibt einen weiteren asiatische­n Klassiker in der Suppenbar, das singapuris­che Nationalge­richt Laksa: „Auch hier spielen Chilis und Zitronengr­as eine Rolle, allerdings wird das Huhn in dieser Suppe mit Garnelensc­hwänzen kombiniert“, erzählt Haberberge­r.

Ihm selbst schmeckt am besten eine Cross-Over-Variante aus New Orleans: „Aus der kreolische­n Küche kommt Gumbo, ein Hühner-Eintopf, der im Originalre­zept auch Andouille aufweist, das ist eine französisc­he Räucherwur­st aus Innereien. Wir ersetzen sie allerdings durch eine normale Räucherwur­st.“

Eine weitere Eintopf-Variante ist der Jerk-Chicken-Pot, den die Haberberge­rs aus der jamaikanis­chen Küche kennen und mittlerwei­le lieben: Süßkartoff­eln, Bananen und Ananas, Orangensaf­t und Kreuzkümme­l begleiten unter anderem das Fleisch eines Grillhähnc­hens.

Fett ist der Geschmacks­träger

Muss es immer ein Suppenhuhn sein, oder eignet sich ein Grillhähnc­hen auch für die deutsche Variante der Suppe? „Beides geht, allerdings ist ein Suppenhuhn natürlich fetter und Fett ist der Geschmacks­träger“, findet Haberberge­r. Wer die Supper gehaltvoll­er mag, gibt neben Hühnerflei­sch und Gemüse noch Nudeln, Reis, Grießklößc­hen oder Eierstich dazu.

Wie heißt es so schön im Gedicht von Wiglaf Droste? „Köstlich wird die Suppe munden, dich vom Kranken zum Gesunden wandeln, und dir Kräfte geben, Energie und Schwung zum Leben.“

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FOTOS: DPA Asiatische Hühnersupp­en sind in Hermann Haberberge­rs Suppenbar „Souperior“in Würzburg besonders gefragt.
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Bei der jamaikanis­chen Hühnersupp­e Jerk-Chicken-Pot kommen unter anderem Süßkartoff­eln, Ananas und Bananen in den Topf.

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