Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
In der Kinderwerkstatt wird geschafft
Bei Kurt und Elke Frank in Ertingen werden Weihnachtspyramiden fertiggestellt
- Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk gibt es in einigen Häusern von Ertingen in diesem Jahr: eine Weihnachtspyramide für die Eltern oder Großeltern, hergestellt von den Kindern in der Kinderwerkstatt von Elke und Kurt Frank. Die Verspätung des Geschenkes liegt aber nicht an den Kindern, sondern an den Besonderheiten der Kinderwerkstatt – und daran, dass Elke Frank die Grippe erwischt hatte. In dieser Woche konnten jedoch die meisten der aufwendig gestalteten Gebilde fertig gestellt werden. Sie drehen sich nun mit bis zu 16 Kerzen.
Eine ehemalige Werkstatt, etwas zurückgesetzt von der Straße. Im Vorraum ein volles Schuhregal. An der Kleiderstange eine Vielzahl gleicher blauer T-Shirts. Den angrenzenden Raum füllt ein quadratischer Tisch mit zwölf größeren und kleineren Drehstühlen, zur Besprechung und zur Vesperpause. Die Werkstatt enthält alle wichtigen Maschinen und eine große Menge an Kleinteilen, gut sortiert in den entsprechenden Boxen. Die Arbeitstische sind in kindgerechter Höhe angebracht. Die für die Kinder wichtigen und für sie geeigneten Werkzeuge – Schrauber und Sägen und Hämmer – sind für sie erreichbar darüber. Eng, hell, warm. Eine richtige Werkstatt. Arbeitsatmosphäre.
Blaue Shirts für alle
im Kreisgymnasium – in zahlreichen Fächern bereits die Regelklasse. Inzwischen versteht und spricht er sogar das Schwäbisch der Kinder, mit denen er hier bastelt.
Die Werkstattkatze schleicht um die Beine, durch die warmen Räume. Die Kinder erzählen von Weihnachten, stellen sich vor, sagen übereinstimmend, dass sie Streiten und Schlägern nicht mögen. Auch Anna Kern ist heute – wie meist – mit ihren beiden Söhnen dabei. Im passenden T-Shirt. Sie genieße die Nachmittagsstunden mit ihren Buben ein Mal pro Woche in der Kinderwerkstatt, sagt sie. Keine Hausklingel, kein Telefon. Das Basteln liege ihr; zu Hause würden sie zu dritt oder auch zusammen mit dem Vater der Buben weiterwerken.
Vorbesprechung. Heute ist Endmontage. Für jede der Familien soll eine Pyramide fertig werden. Kurt Frank verteilt die Aufgaben: Rawan betreut die Gruppe, die die Zäune um die Grundplatte installieren möchte; Elke Frank dekoriert mit jedem Kind die sich drehenden Scheiben mit den Krippenfiguren, mit Engeln, Bäumchen, Spiegeln und Kugeln; Anna Kern leitet das Gestalten der Fensterbilder an, eine Zwischenaufgabe für die Kinder, die auf ihren Arbeitsplatz in einer Pyramiden-Gruppe warten müssen; Kurt Frank selbst pegelt die Laufgänge für die großen Windmühlenflügel ein.
„Das ist tricky!“, sagt er, inzwischen an seinem Arbeitsplatz in der Werkstatt. Ein „empfindliches Glaslager“sei im unteren Bereich bereits montiert; auf ihm soll die Welle des Drehflügels reibungslos laufen. „Die Pyramiden sind unserer Kenntnis nach die weltweit einzigen, die eine eingebaute Reibungsbremse brauchen, damit sie sich nicht zu schnell drehen, und den Betrachtern dann irgendwann schwindelig wird“, ergänzt er schmunzelnd. Ein Stabfeuerzeug ist eingebaut. Benjamin darf mit ihm seine Pyramide mit acht Kerzen entzünden, nach genauer Anleitung des Chefs, damit er weder seine Finger verbrennt, noch den Ärmel seines Hemdes ansengt. Alles klappt. Der Flügel dreht sich rasant. Mit dem ebenfalls montierten Blasrohr löscht Leon die Kerzen. „Sanft, nicht so fest, dass das Wachs spritzt“, lautet die Anweisung.
„Gut festhalten“
An der nächsten Station bei Elke Frank holt Leo seine vorbereiteten Kleinteile aus der Schütte mit seinem Namen. Sie sind alle auf Zahnstocher geklebt und müssen vorsichtig in die Löcher der Drehteller gesteckt werden. „Gut festhalten und gucken, wo du schaffst“, rät ihm Elke Frank.
Die schwierigen Arbeiten leiten die vier Großen an oder übernehmen sie. Die Kinder suchen aus, wählen die Position der Befestigung, arbeiten teilweise selbstständig. „Die größeren Kinder helfen den kleinen“, sei ein wichtiger pädagogischer Grundsatz ihrer Werkstatt. Zur Vesperpause um 16 Uhr heißt es bei drei Pyramiden: „Tagesziel erreicht.“Und Jason, fast elf Jahre alt, sagt: „Mir macht’s hier Spaß.“