Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Neuer Führerschein ohne gefährliche Reise
Verordnung ermöglicht es einem Weingartener Flüchtling, den deutschen Führerschein einfacher zu bekommen
- Noch vor einigen Wochen war Geiath Aldef Allah verzweifelt. Der Flüchtling aus Syrien – gelernter Fahrer von Baustellenfahrzeugen – wollte so schnell wie möglich in Deutschland in seinem Beruf arbeiten. Dem in Weingarten lebenden 43-Jährigen wurde das aber unmöglich gemacht. Denn sein syrischer Führerschein war nach seiner Ankunft in Deutschland abgelaufen und die Behörden wollten ihm deswegen keine Fahrerlaubnis ausstellen (SZ berichtete). Nun die Wende: Das Verkehrsministerium hat noch vor Weihnachten reagiert und die Verordnungen angepasst. Geiath Aldef Allah kann demnächst arbeiten.
Der Syrer hätte – Stand November – in seine Heimat zurückreisen müssen, um dort bei der zuständigen Stelle den Führerschein verlängern zu lassen. Das zumindest war vor einem Monat noch die Auskunft des Konsulats. Doch auch in Damaskus wütet der Bürgerkrieg. Um nichts in der Welt wäre Geiath Aldef Allah zurückgekehrt.
Betreuer setzte sich ein
Uwe Tesch, der den Flüchtling in Weingarten als Pate betreut, fand es damals „zynisch“, dass von seinem Schützling die Rückkehr in den Bürgerkrieg verlangt wurde. Tesch setzte sich hin und schrieb Briefe. Ans Landratsamt, ans Landes- und ans Bundesverkehrsministerium. Und auch an das baden-württembergische Sozial- und Integrationsministerium von Manne Lucha (Grüne). Entweder er bekam keine Antwort oder – so von Luchas Behörde – die Auskunft, dass das Ministerium nicht zuständig sei. Hinter den Kulissen müssen aber trotzdem viele Gespräche gelaufen sein. Denn diese bürokratische Formalie verhinderte offenbar nicht nur im Fall des Weingartener Flüchtlings, dass er in Deutschland Arbeit finden kann. Arbeit gilt allerdings als wesentlicher Bestandteil der Integration. Dies wiederum trieb auch das Integrationsministerium um, auch wenn es formal nicht zuständig war. Und so glühten offenbar an vielen Stellen die Drähte. Nun bekamen Uwe Tesch und Geiath Aldef Allah die Nachricht: „Wir haben jetzt die Nachricht vom Ministerium erhalten, dass wir Ihren syrischen Führerschein umschreiben dürfen“, schreibt das Landratsamt.
„Das Verkehrsministerium hat entschieden, dass Betroffene in derartigen Fällen nur die praktische und theoretische Prüfung ablegen müssen“, erläutert Franz Hirth, Pressesprecher im Landratsamt Ravensburg, das als Führerscheinbehörde für die Fälle zuständig ist.
Rückreise nicht zumutbar
Das gelte nicht nur in Ausnahmen, sondern für alle Betroffenen. „Es hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass eine Rückreise nach Syrien nicht zumutbar ist“, so Hirth. Wer genau an welcher Stelle für die Änderung der Vorschriften verantwortlich ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau nachvollziehen. Das entscheidende Bundesverkehrsministerium wollte dazu keine Auskunft erteilen. Nur so viel: „Soweit Bewerber eine Fahrerlaubnis aus einem Staat wie zum Beispiel Syrien besitzen, (...) werden ihnen Erleichterungen gegenüber erstmaligen Bewerbern um eine Fahrerlaubnis gewährt. Das heißt konkret: Die Bewerber müssen die theoretische und praktische Fahrprüfung erfolgreich bestehen, aber sie müssen z.B. keine Pflichtstunden nehmen.“
Geiath Aldef Allah ist das egal. „Vielen Dank“, sagt er, als er gemeinsam mit Uwe Tesch zum Gespräch bei der „Schwäbischen Zeitung“ist. Denn statt den deutschen Lastwagen-Führerschein für Tausende Euro neu machen zu müssen, muss der Syrer nun zuerst die theoretische Prüfung bestehen, ein paar Fahrstunden nehmen und dann die praktische Prüfung erfolgreich ablegen. Für die Theorieprüfung lernt er zurzeit mit einer Handy-App auf Deutsch und Arabisch. Wenn er alles besteht, hat er den Führerschein und kann die nächste Hürde anvisieren: schnell besseres Deutsch lernen, um einen Arbeitgeber zu finden.