Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Auf in die digitale Welt
Kreissparkasse Ravensburg reagiert auf veränderte Kundenfrequenz, schließt 16 Filialen und baut Online-Service aus
- Das, was Manfred Schöner, Mitglied des Vorstands der Kreissparkasse Ravensburg, euphemistisch mit „hybridem Kundenverhalten“beschreibt, stellt die Bankenwelt im Zuge der zunehmenden Digitalisierung vor große Herausforderungen. Gemeint ist die Tatsache, dass viele Kunden von Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatinstituten kaum noch zur Bank gehen, sondern ihre Bankgeschäfte per Computer oder Smartphone erledigen – aber dabei die Filiale mit ihrem persönlichen Kundenberater trotzdem nicht missen möchten. „Sie wollen einfach beides – Filiale und Digitalservice“, sagt Schöner. „Sie verlagern ihre Aktivitäten aber ganz klar in die digitale Welt.“
Die Kreissparkasse Ravensburg, mit einem Kundengeschäftsvolumen von mehr als 7,6 Milliarden Euro eine der wichtigsten Banken im Raum Bodensee-Oberschwaben, reagiert nun auf diese Entwicklung und passt ihr Filialnetz dem veränderten Kundenverhalten an: Das Geldhaus wird in den kommenden drei Jahren 16 Niederlassungen schließen, sodass die Anzahl der Filialen bis 2019 von heute 51 auf dann 35 sinkt. Acht Filialen, die jeweils mit Nachbarniederlassungen verschmolzen werden sollen, liegen in den Städten Ravensburg, Weingarten, Bad Waldsee, Wangen, Isny und Leutkirch, die übrigen acht in kleinen Dörfern im Kreis Ravensburg.
Vor allem in diesen kleinen Sparkassen im Ländlichen Raum habe es im Schnitt „nur noch drei Geschäftsvorfälle pro Stunde“gegeben, erläutert Heinz Pumpmeier, Vorstandschef der Kreissparkasse Ravensburg. „Die Internetfiliale ist schon jetzt mit großem Abstand unsere größte und wichtigste Filiale“, sagt Pumpmeier. 43 Prozent der 192 000 Kunden nutzen nach Angaben der Kreis- sparkasse Ravensburg bereits heute „zum überwiegenden Teil die digitalen Angebote“. Im Gegenzug ist die Anzahl der Barauszahlungen am Filialschalter seit 2010 um rund 30 Prozent zurückgegangen. Ein Stellenabbau sei mit der Umstrukturierung nicht verbunden – im Gegenteil, wie Schöner bei einem Gespräch in Ravensburg versicherte. „Wir werden die Kapazitäten in den 16 betroffenen Niederlassungen nutzen, um unser Beratungsangebot weiter zu verbessern.“66 Mitarbeiter sind von dem Plan betroffen, sie werden künftig in anderen Filialen arbeiten.
Das Ravensburger Geldhaus steht mit seinen Umstrukturierungsplänen nicht allein dar: Seit mehr als zehn Jahren passen die Institute ihr Filialnetz den sich immer schneller verändernden Kundenwünschen an. So sank nach Bundesbankangaben die Anzahl der Sparkassenfilialen zwischen 2010 und 2015 bundesweit um zwölf, die Zahl der Genossenschaftsbankfilialen um 10,1 und die Anzahl der Niederlassungen von privaten Geldhäusern um elf Prozent.
Position der Stärke
Die Reform des Filialnetzes kann die vor fast 200 Jahren gegründete Ravensburger Sparkasse aber im Gegensatz zu anderen Banken aus einer Position der Stärke heraus angehen: Trotz der niedrigen Zinsen stieg das Kundengeldvermögen um 2,4 Prozent auf 4,53 Milliarden Euro. Das Geschäftsvolumen wuchs um 2,1 Prozent auf 7,63 Milliarden Euro – und auch die Kundenkredite konnte das Institut um 1,6 Prozent erhöhen auf nun 2,56 Milliarden Euro. Der Bilanzgewinn liegt wie zuletzt bei 6,4 Millionen Euro, das Eigenkapital stieg um 23 Millionen auf nun 586 Millionen Euro. „Insgesamt ist das ein beachtliches Ergebnis“, sagte Pumpmeier. Das das Institut nicht zuletzt in der digitalen Welt erwirtschaftet hat.