Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zur Person Beschuldigte
Mit den Versprechen von Transparenz und Ehrlichkeit hatte
vor sieben Monaten ihr Amt als Roms Bürgermeisterin angetreten. Nun wird gegen die 38 Jahre alte Politikerin der europakritischen FünfSterne-Partei wegen Amtsmissbrauch und Falschaussage ermittelt. Acht Stunden lang ist sie von der Staatsanwaltschaft vernommen worden.
Raggi hatte ausgerechnet Raffaele Marra als engsten Berater und Personalchef ausgesucht. Aus dem Verborgenen regierte er seit Jahren das korrupte Rom. Er schloss Immobiliendeals mit einem zwielichtigen Baulöwen, zog die Strippen der Politik im Hintergrund. Nun sitzt er seit Dezember wegen Korruptionsvorwürfen im berüchtigten Gefängnis Regina Coeli am Tiber. Raggi soll zudem Marras Bruder Renato einen Job als Chef des Tourismussektors beschafft haben und vor der Antikorruptionsbehörde zu dem Fall falsche Angaben gemacht haben. Sie sei „unbesorgt“, sagte Raggi.
Doch ganz so sorgenfrei wird sie nicht sein: In der italienischen Presse waren während der Vernehmung neue Vorwürfe gegen Raggi aufgetaucht. Die Wochenzeitung „L’Espresso“berichtete, es gehe um eine Lebensversicherung mit einer Summe von 30 000 Euro zugunsten Raggis, die deren Vertrauter Salvatore Romeo vor ihrer Wahl zur Bürgermeisterin im Juni 2016 abgeschlossen haben soll. Nach der Wahl soll Raggi Romeos Gehalt deutlich erhöht haben, und sie beförderte ihn zum Bürochef. Raggi sagte Ansa, von der Lebensversicherung habe sie nichts gewusst.
Hinter den Kulissen werden bereits Szenarien für einen Rücktritt oder eine vorübergehende Amtsniederlegung durchgespielt. Ein Desaster auch für ihre Partei. Die Fünf-SternePartei von Komiker Beppe Grillo wurde als Anti-Bewegung gegen die politische Elite in Italien gegründet. (dpa)