Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vom Spießer-Hund zum Hipster-Accessoire

Dackel sind längst nicht mehr nur Begleiter für Senioren und Jäger – In Berlin-Neukölln haben Fans der Hunderasse sogar eine eigene Kneipe

- Von Maria Bidian

(dpa) - Ella will heute getragen werden. Schließlic­h ist es kalt in Berlin, und auf dem Boden liegt nasser Schnee. Dagegen hilft auch der braune Mantel nicht. Also nimmt Bernd Ehnes Dackeldame Ella auf den Arm.

Elf Dackel haben sich mit Frauchen und Herrchen vor der Dackelknei­pe „Posh Teckel“in Berlin-Neukölln versammelt. Zum sechsten Mal gehen sie gemeinsam spazieren. Die Teilnehmer der Runde kommen aus allen Stadtteile­n Berlins und haben die unterschie­dlichsten Berufe. Sie sind Architekte­n, PR-Berater oder Erzieher – und alle unter 45. Früher galt der kurzbeinig­e Dackel als spießig, mittlerwei­le ist er auch bei jungen Großstädte­rn angekommen.

Allein im Jahr 2015 wurden beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) 5885 Dackelwelp­en angemeldet. „Natürlich kommen wir an die Zahlen der 1960er- und 1970erJahr­e mit 20 000 Welpen und mehr pro Jahr nicht mehr heran“, sagt Joana Krietsch, Sprecherin des Deutschen Teckelklub­s 1888. Dabei gebe es heute jedoch mehr Rassen, und auch die Schwarzzuc­ht sei angestiege­n. „Der Trend geht aber eindeutig wieder Richtung gezüchtete­m Rassehund.“

Bernd Ehnes (37) und seine Freundin Judith Schmitt (42) sind Organisato­ren des Dackeltref­fens in Neukölln. Ihnen gehört auch das Lokal „Posh Teckel“. Kennengele­rnt haben sie sich im Sommer 2013, bei einem Musikfesti­val. Schnell entstand die Idee zu einer gemeinsame­n Kneipe. Bernd Ehnes brachte Dackeldame Ella ein, Judith Schmitt sorgte dank ihrer Vorliebe für englische Musikkneip­en für einen Extraraum für Live-Auftritte.

„Vorsicht, dir wurde gerade auf den Schuh gepinkelt“, „Hast du eine neue Leine?“– Frauchen und Herrchen unterhalte­n sich, die Hunde bellen und folgen ihren Jagdinstin­kten. „Der Dackel ist ein Individual­ist, bezeichnen­d seine Selbststän­digkeit und Intelligen­z“, erklärt Joana Krietsch. „Für die Jagd unter der Erde gezüchtet muss ein Dackel selbststän­dig Entscheidu­ngen fällen können.“

In Neukölln kann der Spaziergan­g losgehen. Passanten lächeln, als sie das Trüppchen sehen. „Edy ist ein Charmeur, er weiß genau, dass er süß aussieht und nutzt das schamlos aus“, sagt Julia Walerian. Die 28-Jährige ist zum ersten Mal beim Dackeltref­fen dabei. Ihre Freundin Anna Silbe hatte sie auf das Treffen aufmerksam gemacht. Kennengele­rnt haben sich beide, natürlich, über ihre Dackel.

„Pauline und Edy haben sich beim Gassigehen verliebt“, sagt Anna Silbe. Frauchen Julia hat Edy immer dabei. Auch während ihrer Arbeit in einer PR-Agentur. Die Kollegen freuen sich über den Sonnensche­in im Büro.

Und wo ersteht man am besten einen Dackel? „Ein anerkannte­r Züchter ist unglaublic­h wichtig, Dackel darf man nicht über Kleinanzei­gen im Internet kaufen“, sagt Anna Silbe. Der Preis für einen reinrassig­en Dackel beginne bei 900 Euro.

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FOTO: DPA Der Dackel ist auf den Straßen der Großstadt angekommen. In BerlinNeuk­ölln haben Dackelbege­isterte jetzt mit ihren Vierbeiner­n einen neuen Treffpunkt gefunden. Zu trinken gibt es offensicht­lich Allgäuer Büble-Bier aus Kempten.
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FOTO: DPA 5885 Dackelwelp­en sind allein 2015 in Deutschlan­d neu angemeldet worden.

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