Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
USA erhöhen Druck auf Nato-Partner
Mattis fordert mehr Engagement ein – Irritationen auch in Russland und Israel
(dpa/AFP/ alm) - Die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump sorgt, diesmal mit außenpolitischen Äußerungen, weiter weltweit für Unruhe und Irritationen. So erhöhte der neue USVerteidigungsminister James Mattis am Mittwoch bei seinem ersten Besuch bei der Nato den Druck auf die Bündnispartner. Die USA drohen damit, ihr Engagement zurückzufahren. Die Alliierten müssten bis Ende des Jahres einen Plan aufstellen, wie das Ziel zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben erreicht werden könne, sagte Mattis beim Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Der amerikanische Steuerzahler könne nicht länger einen unverhältnismäßig hohen Anteil für die Verteidigung westlicher Werte zahlen.
Ob die Nato-Partner den Forderungen der USA nach konkreten Plänen für eine Steigerung der Verteidigungsausgaben nachkommen werden, ist nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch offen. Die Minister hätten darüber diskutiert, wie man etwa mit nationalen Plänen einen konstanten Fortschritt erzielen könne, sagte er. „Wir erwarten, dass die Diskussion fortgesetzt wird“, erklärte Stoltenberg.
Höhere Verteidigungsausgaben der Nato-Partner sind neben einem verstärkten Engagement des Bündnisses im Kampf gegen den Terrorismus eine der zentralen Forderungen Trumps. Die USA investierten in diesem Bereich 2015 rund 594 Milliarden Dollar, während die europäischen Alliierten und Kanada insgesamt auf etwa 273 Milliarden Dollar kamen. Auf Druck der USA hin hatten sich die Partner bereits 2014 das Ziel gesetzt, ihre Verteidigungsausgaben innerhalb eines Jahrzehnts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern.
Irritationen löste derweil in Washington Trump selbst aus. Beim ersten Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte der US-Präsident, dass er in der Zwei-Staaten-Lösung nicht den einzigen Weg zum Frieden zwischen Israelis und Palästinensern sehe. Er sei sowohl mit einer Zwei-Staaten-Lösung als auch mit einem Staat einverstanden, so Trump bei der Pressekonferenz mit Netanjahu. Zugleich forderte er Israel zur Zurückhaltung in der Siedlungspolitik auf.
Im Clinch liegt der US-Präsident aktuell mit Russland. Nachdem Trump die Rückgabe der annektierten Krim-Halbinsel an die Ukraine gefordert hatte, folgte am Mittwoch die wütende Reaktion aus Moskau. Russland „gibt seine Territorien nicht zurück“, kommentierte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa und stellte klar: „Die Krim ist das Territorium der Russischen Föderation.“In den Ärger mischte sich aber auch eine leise Hoffnung, dass sich der US-Präsident noch an sein Wahlkampfversprechen erinnere, die Beziehungen mit Moskau zu normalisieren. Trump selbst sei nicht antirussisch eingestellt. „Aber er gibt gerade unter dem Druck nach, der auf ihm lastet“, sagte etwa der Abgeordnete Leonid Kalaschnikow der Agentur RIA Novosti.
klang zunächst ganz anders als sein Präsident, als er über die Bedeutung der Nato sprach. Das Bündnis bleibe für die Vereinigten Staaten ein „grundlegendes Fundament“, sagte der US-Verteidigungsminister am Mittwoch zu Beginn des Nato-Treffens in Brüssel.
Doch die beruhigende Wirkung dieser Worte auf die Verteidigungsminister der Allianz hielt nicht lange an. Die Steuerzahler in den USA könnten „nicht weiter einen überproportionalen Anteil an der Verteidigung westlicher Werte tragen“, erklärte Mattis seinen Amtskollegen, die von Donald Trump dazu gedrängt werden, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Wenn sie sich weiter weigerten, würden „die USA ihr Engagement für dieses Bündnis verringern“, drohte der General offen.
Widersprüchliche Signale vom Ex-Marineinfanteristen, der einst für seine mitunter drastische Wortwahl den Spitznamen „verrückter Hund“trug. Mattis selbst war bereits in der Führung der Militärallianz tätig. Von 2007 bis 2009 hatte er den Spitzenposten des Supreme Allied Commander Transformation inne, der für die Reform der Nato zuständig ist. „Er kennt das Haus“, heißt es in Brüssel. Daneben blickt Mattis auf vier Jahrzehnte in den Streitkräften US-Verteidigungsminister Mattis beunruhigt die Nato. zurück. Während des ersten Golfkriegs Anfang der Neunzigerjahre kommandierte er ein Bataillon der Marineinfanterie, nach den Anschlägen des 11. September 2001 einen Einsatzverband in Afghanistan. Während der zweiten US-Invasion im Irak führte Mattis dann 2004 die Schlacht um Falludscha an, eine der blutigsten des Krieges.
Mattis war nie verheiratet und hat keine Kinder – weshalb ihn manche als „Kriegermönch“bezeichnen. Einen Teil seiner Freizeit hat er darauf verwendet, das Kriegshandwerk auch theoretisch zu erlernen – gerne erzählt er von seinen Lektüren zur Militärgeschichte. Als Chef des US-Zentralkommandos koordinierte er den US-Truppenabzug aus dem Irak. Seit seiner Abberufung 2013 hatte Mattis oft ein aus seiner Sicht zu unentschlossenes Vorgehen der USA gegen den „Islamischen Staat“kritisiert. (AFP/dpa)