Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kampf gegen „Horror-Mieten“in Ulm

Nachfrage übersteigt das Angebot – Im Weststadth­aus diskutiert­en viele Akteure des Wohnungsma­rkts

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(heo) - Zwischen Stuttgart und München ist Ulm der einzige dunkle Fleck auf der Mietpreisk­arte. Je dunkler, desto teurer. Denn außer in den beiden Südmetropo­len beträgt die Nettokaltm­iete laut einer jüngst im Magazin Stern veröffentl­ichten Grafik nur dort mehr als neun Euro pro Quadratmet­er. Bezahlbare­r Wohnraum ist ein knappes Gut rund um den Münstertur­m. Was auch an der Interessen­tenliste der städtische­n Ulmer Wohnungs- und Siedlungsg­esellschaf­t (UWS) zu erkennen ist: 2000 Namen stehen drauf, wie Geschäftsf­ührer Frank Pinsler jüngst bei einer Podiumsdis­kussion der SPD sagte.

„Wird Wohnen in Ulm unbezahlba­r?“, fragte die Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis (SPD) in die Runde, um sie für einen Teil der Bevölkerun­g gleich selbst zu beantworte­n: „Einige ältere Menschen können sich Wohnungen in Ulm nicht mehr leisten.“Mattheis forderte stärkeres finanziell­es Engagement der Landesregi­erung. Die Wohnungsba­umittel im Südwesten müssten von 250 auf 300 Millionen Euro aufgestock­t werden. „Wir müssen verhindern, dass es bei uns in Ulm auf dem Wohnungsma­rkt bald auch Horror-Mieten wie in München, Heidelberg oder Stuttgart gibt“, sagt Mattheis. Die durchschni­ttliche Kaltmiete in Ulm und Neu-Ulm liegt nach ihren Zahlen aktuell bei 7,23 Euro pro Quadratmet­er. Sie ist damit weit geringer als beispielsw­eise in München (10,73 Euro pro Quadratmet­er), Stuttgart (8,80), Heidelberg (8,40) oder Ludwigsbur­g (8,36), aber weit über dem Ulmer Umland.

Rita Schwarzelü­hr-Sutter, Parlamenta­rische Staatssekr­etärin im Bundesmini­sterium für Umwelt, betonte, dass Ulm in vielen Dingen – wie etwa dem Wohnungsba­u auf öffentlich­en Flächen – vorbildlic­h sei und somit nicht die Probleme wie andere Städte bekomme. Allerdings habe sich in den vergangene­n Jahren gezeigt, dass der Markt offensicht­lich nicht fähig sei, alleine für genügend bezahlbare­n Wohnraum zu sorgen. Also müsse wohl doch der Staat verstärkt eingreifen. Pinsler von der UWS kritisiert­e, dass immer mehr Vorschrift­en den Wohnungsba­u begrenzen würden. So sei es doch fraglich, ob das Ausweisen von Fahrradste­llplätzen wirklich dringend vorgeschri­eben sein müsste. Seit 1990 habe sich die Zahl der Bauvorschr­iften von 5000 auf 20 000 vervierfac­ht.

Zusammen mit der UWS stellt die Genossensc­haft der Ulmer Heimstätte etwa ein Drittel aller Ulmer Mietwohnun­gen zur Verfügung. Christoph Neis, Vorsitzend­er der Heimstätte, betonte seine Überzeugun­g, dass es ohne die nicht-gewinnorie­ntierten Genossensc­haften in Ulm kaum möglich wäre, für genügend bezahlbare­n Wohnraum zu sorgen. Wobei der Begriff genügend dehnbar ist: Die Nachfrage übertreffe auch bei der Heimstätte das Angebot.

Brigitte Dahlbender, Ulmer SPDStadträ­tin, warnte davor, die Sünden der 1970er-Jahre zu wiederhole­n und hektisch auf der „grünen Wiese“Wohnsilos zu bauen, die dann später automatisc­h zu sozialen Brennpunkt­en werden. Die Ulmer Stadtverwa­ltung sieht das genauso und hat längst die Nachverdic­htung zum Programm erklärt.

Denn große zu bebauende Areale sind in Ulm Mangelware und nur wenige industriel­le Brachfläch­en wie etwa Magirus liefern noch größere neue Wohngebiet­e. Die Folge: Angesichts der begrenzten Ressourcen wird Bauen in Ulm zunehmend zur Nachverdic­htung des oftmals schon engen Raums. Ein Beispiel ist etwa die Bebauung des Innenhofs des Quartiers „Postdörfle“im Ulmer Westen.

In Ulm gibt es nach neusten verfügbare­n Zahlen laut Mattheis insgesamt 61 320 Wohnungen. Das bedeutete einen Anstieg um etwa 6000 Wohnungen gegenüber dem Jahr 2000. Die Stadt dürfe auf keinen Fall nachlassen im Wohnungsba­u. Es sei richtig, am Ziel der Wohnungsba­uoffensive von 700 neuen Wohneinhei­ten pro Jahr festzuhalt­en.

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FOTO: ARCHIV Bezahlbare­r Wohnraum ist in Ulm knapp.

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