Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Polizei klärt Einbruchsserie in der Region
Zwei Osteuropäer sollen für mindestens 55 Wohnungseinbrüche verantwortlich sein
- Mindestens 55 Wohnungseinbrüche in Baden-Württemberg und Bayern sollen auf das Konto zweier Männer aus Osteuropa gehen, die die Polizei Ende Januar in Ehingen (Alb-Donau-Kreis) festgenommen hat. Die Polizeipräsidien Ulm und Schwaben Süd/West (Kempten) verkündeten diesen Erfolg am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Biberach. Möglich wurde er durch die akribische Arbeit einer baden-württembergisch/bayerischen Ermittlungsgruppe, die die beiden Präsidien zu Jahresbeginn eingerichtet hatten.
Seit 2015 waren die Ermittler den mutmaßlichen Tätern auf der Spur. Sie hatten es bei ihren Einbrüchen vorwiegend auf Schmuck und Bargeld abgesehen. Ihre Tatorte hätten sie vorher ausgekundschaftet, um dann innerhalb kurzer Zeit meist über Terrassentüren in die Häuser einzusteigen, wenn die Bewohner nicht zu Hause waren. „Das gesamte Vorgehen war sehr professionell“, so der Ulmer Polizeipräsident Christian Nill.
Der erste entscheidende Hinweis für die Polizei ergab sich im November 2015 nach einem Einbruch in Bösingen bei Rottweil. Einem Zeugen war ein verdächtiges Auto aufgefallen. Die Polizei ermittelte, dass es von einem 43-jährigen Osteuropäer genutzt wurde, der Deutschland zwischenzeitlich wieder verlassen hatte. Als die Ermittler 2016 erfuhren, dass der Mann wieder eingereist war, ergaben sich Hinweise auf einen Unterschlupf in Ulm. Weitere Ermittlungen ergaben den Verdacht, dass er erneut Einbrüche begangen haben könnte.
In der Folge kam es zu gemeinsamen Ermittlungen der Polizeipräsidien Aalen, Konstanz, Tuttlingen und Ulm mit den bayerischen Kollegen aus Kempten. Anfang 2017 bildeten Spezialisten der Kripo aus Ulm und Kempten eine gemeinsame Ermittlungsgruppe aus bis zu zehn Beamten unter der Leitung von Joachim Hardegger. „Sie haben die Einbrüche analysiert und überlegt, wo der oder die Täter erneut zuschlagen könnten“, sagte Nill.
Festnahmen in Ehingen
Offenbar bewiesen die Beamten dabei den richtigen Riecher: Am 27. Januar wurden der 43-Jährige und ein 46-Jähriger, ebenfalls aus Osteuropa, auf frischer Tat bei einem Einbruch im Ehinger Teilort Berg ertappt und verhaftet. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Memmingen wurden sie den Ermittlungsrichtern vorgeführt und sitzen seither in Untersuchungshaft. Der 43-Jährige hat ein Teilgeständnis abgelegt, sein Komplize schweigt noch. Nach jetzigem Stand werden den beiden 55 Einbrüche zur Last gelegt, „das können aber noch mehr werden“, so Nill. Etwa die Hälfte der Taten wurde in BadenWürttemberg begangen, die andere Hälfte in Bayern. Der Wert der Beute beträgt aktuell insgesamt mehr als 160 000 Euro, hinzu kommt ein angerichteter Sachschaden von mehreren Zehntausend Euro.
Die Polizei untersucht nun, ob es noch Verbindungen zu weiteren Taten gibt. „Möglicherweise waren die Verdächtigen noch in anderen europäischen Ländern aktiv, zum Beispiel in Italien“, sagte der Kemptener Polizeipräsident Werner Strößner. Auch Einbrüche in Unterfranken könnten mit ihnen in Verbindung stehen. Nach den Erkenntnissen der Polizei hätten die vermeintlichen Täter einen sehr großen Aktionsradius gehabt, so Hardegger.
Untersucht werde auch das Umfeld der mutmaßlichen Täter. Möglicherweise gebe es da noch weitere Verdächtige, so Nill. „Der jetzige Ermittlungserfolg gibt uns recht, dass wir mit einem veränderten Täterverhalten mithalten können. Manchmal sind wir ihnen sogar einen Schritt voraus.“Gerade Wohnungseinbrüche seien ein Deliktbereich, der vielen Menschen große Sorgen bereite. Er sei deshalb einer der Schwerpunkte, auf den sich die Polizeiarbeit aktuell konzentriere. Weitere seien die Themen Migration/Flüchtlinge/internationaler Terrorismus sowie organisierte Kriminalität.
Anzeichen für Trendwende
Es gebe Anzeichen dafür, dass bei den Wohnungseinbrüchen im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm eine kleine Trendwende erreicht worden sei, so Nill. Durch die aktuell geklärten Fälle und Ermittlungen gegen zwei weitere Tätergruppen, die im Bereich Ulm gerade laufen, lasse sich auch die Aufklärungsquote deutlich erhöhen. Bei Wohnungseinbrüchen lag sie 2015 im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm bei 12,2 Prozent, im Bereich Kempten bei 11,0 Prozent.