Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Neuanfang im Neubau
Freundeskreis Schussenried plant 2019 Wiederaufbau des abgebrannten Bahnhofsgebäudes
- Ganz neu und auch ein wenig anders möchte der Freundeskreis Schussenried sein ehemaliges Wohnheim für psychisch kranke Menschen in Bad Buchau aufbauen. Bei einem Großbrand im September 2015 wurde das alte Bahnhofsgebäude komplett zerstört. Den anstehenden Neubau möchte der Freundeskreis für einen Neuanfang nutzen. Das Konzept dafür steht bereits – das Gebäude soll bis Ende 2019 folgen.
Das Feuer war mitten in der Nacht ausgebrochen. Als die Flammen an der Außenfassade empor züngelten, wachte einer der Bewohner auf und konnte glücklicherweise die anderen rechtzeitig alarmieren. Ein Mitbewohner war allerdings zurückgeblieben, die rasch eintreffende Feuerwehr kam ihm zu Hilfe. Das Gebäude wurde weitgehend zerstört. Doch dank der 40 Feuerwehrleute und weiterer Einsatzkräfte konnte noch einmal Schlimmeres verhindert werden.
Viele „herzliche Gesten“
„Das war damals hochdramatisch“, erinnert sich Christoph Vieten, Vorsitzender des Freundeskreises Schussenried, an die Nacht auf den 3. September 2015. „Die Leute haben ja alles verloren.“Die Ereignisse mögen noch manchem in den Knochen stecken, auch wenn die Bewohner im Hotel Kreuz freundlich aufgenommen wurden und bald schon eine neue Bleibe gefunden hatten. „Die Solidarität in Bad Buchau war toll, es gab viele herzliche Gesten“, lobt Vieten. „Bei aller Tragik war es schön zu spüren, wie viel Menschlichkeit da war“, stimmt Heidrun Wilhelm zu, die beim Freundeskreis für den Standort Bad Buchau zuständig ist.
Auch der Freundeskreis selbst hat wohl versucht, aus der Katastrophe etwas Gutes zu ziehen. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt Vieten. Statt in einer großen Wohngruppe wurden die meisten früheren Bewohner in kleineren WGs untergebracht. Mit dieser Wohnform hat der Freundeskreis in Bad Buchau gute Erfahrungen gemacht. Neben dem Wohnheim in Kappel betreibt der Verein seit 2008 mehrere ambulant betreute Wohngemeinschaften in Bad Buchau. „Begonnen haben wir mit sieben, jetzt sind es 57 Personen“, beschreibt Wilhelm die „Erfolgsgeschichte“.
Die Aufnahme in einer der WGs schließt sich teils einem PsychiatrieAufenthalt an, teils werden die Bewohner auch vom Kreissozialamt an den Verein vermittelt. Da Menschen mit psychischen Krankheiten oft Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben, tritt der Freundeskreis als Mieter auf und unterstützt auch sonst die Bewohner in ihrem Alltag. Eine solche Hilfe kann täglich notwendig sein oder auch nur ein paar Stunden pro Woche, sagt Wilhelm. Grundsätzlich hätten sich beim ambulant betreuten Wohnen aber gerade kleinere WGs bewährt, die über die Stadt verteilt liegen, so Vieten: „So kann Inklusion besser stattfinden.“
Eine große Außenwohngruppe wie beim ehemaligen Bahnhofsgebäude wird es deshalb im Neubau nicht geben. Zwar sollen auch hier psychisch kranke Menschen einziehen. Vorgesehen sind aber lediglich Einzelapartments oder Zweier-WGs, beschreibt Vieten das neue Konzept. Zudem soll der Neubau Platz bieten für Gruppenangebote zur Begegnung und Aktivierung, die bisher im ehemaligen Gasthaus Mohren und in den Diensträumen des Freundeskreises Beim Bahnhof 7 stattfinden. Der Platz dort sei nämlich überhaupt sehr beengt, sagt Vieten. Deshalb werde auch ein Teil der Verwaltung in den Neubau ziehen.
Wie diese Pläne räumlich umgesetzt werden können, damit beschäftigen sich derzeit zwei Architekturbüros. Der Vorstand des Vereins wird sich in seiner nächsten Sitzung für einen der Entwürfe entscheiden, dann gehe es an die konkrete Planung. Bei den Kosten rechnet Vieten mit knapp einer Million Euro, die mit der Entschädigung der Versicherung gegenfinanziert werden könnten. Mit ungefähr 300 Quadratmeter werde der Neubau in etwa so groß sein wie sein Vorgänger und wohl ebenfalls dreigeschossig. Und wenn möglich, so Vieten, sollte der Bau auch äußerlich Ähnlichkeit mit dem in Buchau unvergessenen Bahhofsgebäude haben.