Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
So wird Skiurlaub in der Schweiz erschwinglich
Jugendherbergen wie die in St. Moritz bieten Wintersportlern günstige Übernachtungsmöglichkeiten
St. Moritz im Engadin ist ein Traumziel für Skifahrer und Langläufer. Erstklassige Pisten, kilometerlange Loipen, zugefrorene Seen, funkelnde Schneefelder und ein mächtiges Alpenpanorama lassen die Herzen der Wintersportler höher schlagen. Wenn nur die gesalzenen Preise in der Schweiz nicht wären. Seit der Abkoppelung vom Euro ist ein Hotel-Skiurlaub in unserem Nachbarland fast unerschwinglich geworden. Doch es gibt Alternativen: Jugendherbergen (Juhe). Jene in St. Moritz zum Beispiel ist so komfortabel wie ein Mittelklassehotel, kostet aber weniger und bietet darüber hinaus ab zwei Übernachtungen einen vergünstigten Skipass an.
Gepflegte Atmosphäre
Polierter Betonboden, weiße Wände und schicke Deckenlampen begrüßen den Gast im Eingangsbereich. Rechter Hand öffnet sich hinter einer Stellwand einer von mehreren Aufenthaltsräumen mit großzügiger Sofalandschaft, während ein Kaminfeuer für kuschelige Wärme sorgt. Das gebuchte Familienzimmer für vier Personen überrascht mit seiner angenehm schlichten Einrichtung in Buche natur. Die Betten sind frisch bezogen, im Bad liegen ordentlich gestapelt die Handtücher. Die Zeiten, in denen man in der Jugendherberge die Nächte mit kratzigen Decken im muffigen Matratzenlager verbrachte und am Morgen gerädert in die Gemeinschaftsdusche schlurfte, sind passé. In Deutschland genauso wie in der Schweiz. „Wir legen schon seit Jahren Wert auf eine einfache, aber gepflegte Atmosphäre“, sagt Roland Fischer, der das Haus in St. Moritz seit sechs Jahren leitet.
Der Bau aus den 1970er-Jahren, ruhig am Ortsrand gelegen, wurde 2011 umfassend renoviert. Dabei hat man auch die Schlafzimmer auf maximal vier bis fünf Betten verkleinert. Neu hinzu kam die vierte Etage, bei der sämtliche Zimmer mit einem eigenen Bad ausgestattet wurden. In den unteren Stockwerken gibt es dagegen noch Gemeinschaftsbäder. Fernseher und WLAN finden sich prinzipiell nur in der Lobby. „Wir wollen schon noch an den alten Tugenden festhalten“, betont Fischer. Sprich, die Zimmer sind zum Schlafen da, die Gemeinschaftsräume zur Kommunikation. Tatsächlich geht es morgens beim reichhaltigen Frühstücksbüffet und abends beim Wein gesellig und ungezwungen zu.
Die Jugendherberge in St. Moritz ist mit 306 Betten die größte in den Schweizer Alpen. „Unsere Gäste stammen aus 40 verschiedenen Nationen und viele davon sind Stammgäste“, erzählt der Betriebsleiter. Zwei befreundete Familien aus Waiblingen sind schon zum zweiten Mal mit ihren Kindern zum Skilaufen hier. „Das Preis-Leistungsverhältnis ist für die Schweiz unschlagbar, vor allem der Tagesskipass für 35 Franken pro Person ab zwei Nächten“, erklärt einer der beiden Väter. Ein älteres Ehepaar aus Nürnberg verbringt sogar schon zum fünften Mal in der Juhe seinen Winterurlaub: „Wir sind begeisterte Langläufer und schätzen die Möglichkeit, gleich hinterm Haus in die Loipe einsteigen zu können.“
Busstopp vor dem Haus
Wer dagegen auf die Piste will, nimmt den Bus, der alle halbe Stunde direkt vorm Gebäude hält. In fünf Minuten ist er an der Signal-Bahn, die zum Corviglia, dem Hausberg von St. Moritz hinaufführt, in zehn Minuten am Corvatsch-Gletscher und in 20 Minuten an der Diavolezza.
Der mächtige Corvatsch-Gletscher liegt auf 3303 Metern Höhe und bietet einen unvergleichlichen Blick auf die Bergkulisse des Engadin. Von hier oben führt ein rot markierter Steilhang rund vier Kilometer hinunter bis zur Mittelstation. Dann hat man die Qual der Wahl: Bleibt man auf dem Plateau und genießt die breiten Hänge? Oder schaukelt man sich per Ski und neuem Sessellift hinüber ins Furtschella-Gebiet, wo knackige Pisten locken? Weder noch – wir entscheiden uns für weitere fünf Kilometer bis ins Tal hinab. Denn die Stärke des Winterreichs am Corvatsch liegt in dieser Talabfahrt.
Die von der Sonne verwöhnten Hänge am Corviglia wiederum laden eher zum temporeichen Carven ein. Je nach Lust und Laune kann der Alpinskifahrer morgens zuerst die breiten Pisten am Munt da San Murezzan hinabschwingen und quert im Lauf des Tages über den Piz Nair hinüber auf die anspruchsvolleren Abfahrten oberhalb der Mittelstation Marguns. Am Nachmittag bietet sich die auch für Anfänger geeignete Hochebene am Corviglia an. Fortgeschrittene können zum Schluss auf der schwarzen Abfahrt in den Ort sausen.
Nach einem anstrengenden Skitag hat keiner mehr Lust, abends die Unterkunft zu verlassen. Im hauseigenen Restaurant der Jugendherberge wird zu fairen Preisen ein DreiGänge-Menü angeboten. Die Gerichte schmecken lecker, einzig die Mensa-Atmosphäre mit Selbstbedienung ist gewöhnungsbedürftig. Doch das soll sich bald ändern. „Bis zum nächsten Winter wird der alte Esssaal in ein modernes Restaurant umgebaut – vermutlich sogar mit Essen à la carte“, verrät Roland Fischer.