Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Happy End für Prinz Poldi
Lukas Podolski krönt sein Abschiedsspiel mit dem 1:0-Siegtreffer gegen England
●In der Affäre um die Fußball-WM 2006 ist der frühere DFB-Präsident
Theo Zwanziger
(Foto: dpa) mit einer Schadenersatzklage gegen das Land Hessen gescheitert. Der 71Jährige wollte vor dem Landgericht Frankfurt 25 000 Euro Schmerzensgeld erstreiten, weil die Staatsanwaltschaft seiner Meinung nach in den Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung gegen ihn sowie die früheren DFBFunktionäre Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt regelmäßig Informationen an die Medien weitergibt. Der Vorsitzende Richter Christoph Hefter sprach in seiner Urteilsbegründung zwar von einem „Leck“bei der Staatsanwaltschaft und nannte die Weitergabe von Inhalten „eine Rechtsverletzung“. „Aber ob der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird? Das sehen wir nicht so.“Zwanziger will das Urteil überprüfen und wohl anfechten: „Das Endspiel war das noch nicht.“(dpa) Die Entlassung von Claudio Ranieri beim englischen Meister Leicester City Ende Februar hatte für Torjäger
Jamie Vardy
(Foto: imago) und seine Familie böse Folgen. Weil Fans den 30-Jährigen als Mitverantwortlichen für das Aus des Trainers ausmachten, erhielten er und seine Familie Morddrohungen. „Fußballfans mögen mich offensichtlich nicht, aber damit komme ich klar“, sagte Vardy. „Aber wenn diese Leute deiner Gattin und den Kindern auflauern, ist es eine andere Sache. Das ist furchterregend.“Vardy und anderen Führungsspielern wie dem Österreicher Christian Fuchs wird vorgeworfen, sie hätten in einem Gespräch mit den Klubbossen die Entlassung vorangetrieben. Fuchs sagt: „Das ist an den Haaren herbeigezogen. Es gab kein Gespräch mit den Bossen.“(SID)
(dpa/SID/sz) - Lukas Podolski schlug ungläubig die Hände vors Gesicht, er rannte mit ausgebreiteten Armen zur tosenden Südtribüne. Seine Faust traf den Adler auf seiner Brust. Einmal, zweimal, dreimal. Ein passenderes, schöneres Ende einer großen Nationalmannschaftskarriere hätte sich kaum denken lassen: Einen letzten krachenden Linksschuss ließ der Weltmeister gegen England nach 68 Minuten in den Torwinkel zischen – 15 Minuten später fiel er Joachim Löw in die Arme, und alles war vorbei.
„Dass es am Ende so läuft, ist wie im Film“, sagte Podolski nach dem 1:0 (0:0) gegen die Three Lions und einer ausgiebigen letzten Ehrenrunde. „Ein typischer Poldi“, meinte Löw anerkennend zu dem letzten Geniestreich, der nicht nur Podolski selbst ein tolles Abschiedsgeschenk, sondern auch dem DFB-Team einen Prestigesieg bescherte. „Es ist ein Drehbuch, das ich nicht besser hätte schreiben können. Mir als Regisseur wäre das nur zu kitschig, das glaubt dir ja keiner. Ich habe vor dem Spiel zum Toni (Kroos) gesagt, dass wir ihn in Position bringen müssen. Ich weiß nicht, wie viel er bezahlt hat, dass der Torhüter von den Engländern den reingelassen hat“, sagte dann auch Teamkollege Thomas Müller.
Doch waren die bissigen Engländer für Podolski eigentlich kein Gegner zum Schaulaufen. Löw hatte seinem Lieblingsschüler im finalen Länderspiel nicht nur die Kapitänsbinde anvertraut. Der Bundestrainer stellte den Mann mit der Nummer 10 zudem ins Zentrum des deutschen Spiels. Manches lief an Podolski vorbei, denn die Engländer ließen den deutschen Akteuren weder Raum noch Zeit, den Mann des Abends ständig zu suchen – und zu finden. Dabei brannte Podolski auf sein Tor und spielte, wie er eben spielt: technisch keineswegs brillant, aber kraftvoll und engagiert. Regelmäßig versuchte er, einen seiner Gewaltschüsse mit links abzugeben.
Ein erster Schussversuch ging schief. Ein zweiter wurde von Michael Keane geblockt. In der 37. Minute tat sich aber die große Möglichkeit auf. Leroy Sané legte ihm den Ball auf, Podolski nahm aus 18 Metern Maß, schoss mit links – und schlug enttäuscht die Hände vors Gesicht. Der Ball flog hoch über das Tor des englischen Keepers Joe Hart.
Aber Poldi gab bei der Jagd nach seinem Abschiedstor auch nach dem Seitenwechsel nicht auf. Nach einem gefühlvollen Lupfer in den Strafraum fehlte Podolski eine Fußspitze, um den Ball zu erreichen. Aber dann war es soweit: Über Toni Kroos und André Schürrle landete der Ball beim dritten Weltmeister – und Podolski traf den Ball optimal. Danach jubelte er – vollgepumpt mit Glückshormonen. Als die 84. Minute lief, wechselte ihn Löw aus. Die Zuschauer erhoben sich, Podolski verteilte Handküsschen, Löw umarmte und herzte ihn am Spielfeldrand. „Lukas Podolski“skandierten seine Fans. Schon die Minuten vor den Nationalhymnen und dem Anpfiff hatten allein Podolski gehört. Der Weltmeister bedankte sich über das Stadion-Mikrofon für „13 geile Jahre“in der Nationalmannschaft. „Wenn ich das hier so sehe, würde ich am liebsten jedem die Hand geben und persönlich Danke sagen“, schwärmte der 31-Jährige.
Während Podolski sein 130. und letztes Länderspiel krönte, gab Timo Werner als 87. Spieler in der Ära von Bundestrainer Joachim Löw 77 Minuten lang ein unauffälliges Debüt beim schmeichelhaften Sieg zum Start ins Perspektivjahr.
Die DFB-Auswahl feierte derweil den ersten Heimsieg gegen die Three Lions seit 30 Jahren und stellte dabei einen Rekord auf: Erstmals in der seit 1908 andauernden Länderspiel-Geschichte blieb die Nationalmannschaft in sieben Spielen in Folge ohne Gegentor. Dies hatte sie neben Podolski einem guten Torhüter MarcAndré ter Stegen und einer Portion Glück zu verdanken. Im WM-Qualifikationsspiel am Sonntag (18.00 Uhr/ RTL) in Baku gegen Aserbaidschan bedarf es einer Leistungssteigerung, damit das DFB-Team als souveräner Tabellenführer der Gruppe C seine weiße Weste auf dem Weg zur Endrunde 2018 in Russland wahrt.
Den Start gegen England nutzte Löw direkt zu einigen Experimenten. Die Youngster Julian Brandt (20), Timo Werner (21), Leroy Sane (21) und Julian Weigl (22) durften von Beginn an ran. In Mats Hummels, Toni Kroos und Podolski standen nur drei Weltmeister in der Startelf.
Dem Spiel der Gastgeber war deutlich anzumerken, dass man in dieser Formation noch nie zusammengespielt hatte. Das DFB-Team hatte gegen die gut organisierten Gäste erhebliche Mühe im Spielaufbau. Erst im zweiten Durchgang kam mehr Schwung in das DFB-Team, den der Mann des Abends dann mit seinem Siegtreffer krönte. Seine Ansprache hatte er zuvor mit den Worten: „Danke Dortmund, danke Köln und danke Deutschland!“beendet. Anschließend hieß es nur noch: Danke Poldi!
ter Stegen - Kimmich, Rüdiger, Hummels, Hector Brandt (59. Schürrle), Weigl (66. Can), Kroos, Sané - Podolski (84. Rudy), Werner (77. Müller).
Hart - Keane, Smalling, Cahill - Walker, Dier - Livermore (83. Ward-Prowse), Bertrand (83. Shaw), Lallana (65. Redmond) Alli (71. Lingard), Vardy (70. Rashford). Testspiele: