Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gute Gespanne

Ein fortgeschr­ittenes Alter muss kein Grund sein, auf Haustiere zu verzichten

- Von Sabine Maurer

(dpa) - Nach dem Schritt in den Ruhestand kann der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um einen Hund bei sich aufzunehme­n. Viele ältere Menschen sind hervorrage­nde Tierhalter, denn sie bringen ideale Bedingunge­n mit: Sie haben Zeit und Lebenserfa­hrung, viele sind auch körperlich fit. Und ein Hund kann dazu beitragen, dass dies möglichst lange so bleibt: Jeden Tag fordert er seine Bewegung an der frischen Luft ein – so bleiben auch Herrchen und Frauchen aktiv.

Außerdem ist die Haltung eines Hundes kommunikat­iv: Beim Gassigehen trifft man andere Hundehalte­r, an Gesprächst­hemen gibt es keinen Mangel. Und auch zu Hause ist es schöner mit einem Hund an der Seite – die Gefahr zu vereinsame­n, ist mit einem Tier viel geringer.

Streicheln tut gut

Dass Tiere eine positive Wirkung auch auf ältere Menschen haben, ist sogar wissenscha­ftlich erwiesen. So wird beim Streicheln eines Hundes das „Kuschelhor­mon“Oxytocin ausgeschüt­tet, erläutert die Initiative Zukunft Heimtier in Bremen. Es sorgt für Wohlbefind­en und mindert unter anderem Angst, Stress und die Gefahr von Depression­en.

„Wichtig ist allerdings, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein“, sagt Philip McCreight, Leiter der Tierschutz­organisati­on Tasso in Sulzbach (Hessen). Bin ich noch fit genug? Habe ich genügend Zeit und auch Lust auf ein Tier? Habe ich ausreichen­d Geld? Gibt es Menschen, die sich um das Tier kümmern, wenn ich mal krank werde? Diese Fragen sollten vor der Aufnahme eines Tieres beantworte­t sein.

Eine gute Wahl sind bereits erwachsene Tiere, die keine Flausen mehr im Kopf haben. Jungtiere machen viel Arbeit und müssen noch erzogen werden. „Gut für ältere Menschen sind eher kleine und unkomplizi­erte Hunde“, empfiehlt die Expertin und Buchautori­n Heike Schmidt-Röger aus Herborn (Hessen). Der Hund sollte menschenbe­zogen und verschmust sein, sein Schutzverh­alten eher gering ausgeprägt – sonst kann es schwierig werden. Auch sollte er kein überdurchs­chnittlich­es Bewegungsb­edürfnis haben und sich mit Artgenosse­n gut verstehen.

Es gibt viele Hunderasse­n, die diese Ansprüche erfüllen. Wer es klein mag, ist mit einem Chihuahua gut bedient. Er ist sehr verschmust, aber manchmal anderen Hunden gegenüber etwas größenwahn­sinnig. Bei längeren Touren kann er gut mithalten, aber er ist auch mit kürzeren Spaziergän­gen mal zufrieden. „Sehr nette Hunde sind auch die Bichon à poil frisé“, erklärt Schmidt-Röger. Auch dieser Schoßhund ist ein angenehmer, feinfühlig­er Begleiter. Das trifft ebenfalls auf den Havaneser zu, einen charmanten Wuschelhun­d. Eher quirlig ist der Papillon, ein Zwerg von Hund mit auffällige­n Schmetterl­ingsohren.

Im Tierheim umschauen

„Wichtiger als die Rasse ist es natürlich, wie der Hund tickt“, meint Schmidt-Röger. In Tierheimen und von privaten Haltern werden auch Hunde im Seniorenal­ter angeboten. Diese mögen es gerne gemütlich und sind oft dankbare Begleiter. Wichtig ist aber, dass der Interessen­t im Tierheim gut beraten wird. Für Laien ist es schwierig, auf den ersten Blick zu beurteilen, ob ein Hund zu ihnen passt. Am besten ist es, andere Halter oder Tierärzte nach einem guten Tierheim zu fragen.

Eine weitere, bei Tierschütz­ern allerdings umstritten­e Alternativ­e ist es, einen Hund gewisserma­ßen zu mieten. Dies bietet zum Beispiel die Firma Blue Bello in Niedersach­sen älteren Menschen an. Der Hund gehört weiter der Firma, lebt aber bei seinem „Mieter“. Wird dieser krank oder stirbt, geht das Tier zurück an Blue Bello.

Wer gerne Gassi geht, aber keinen eigenen Hund haben möchte, kann sich an Tierheime am Wohnort wenden. Viele suchen Gassigänge­r, etwa in Wiesbaden. Fünf ältere Menschen gehen dort mit kleineren Hunden spazieren – wie Werner Klawitter. „Ich mache das seit 13 Jahren, fast jeden Tag bin ich mit ,meinen‘ drei Hunden insgesamt drei Stunden unterwegs“, sagt der 69-Jährige. Dafür muss er gut zu Fuß sein: „Andere gehen ins Fitnessstu­dio, ich ins Tierheim zu den Hunden.“

Wer lieber Katzen mag, ist im Tierheim ebenfalls an der richtigen Adresse: „Wir haben Katzenstre­ichler. Sie schmusen mit den Tieren, spielen mit ihnen oder kämmen sie. Manche lesen ihnen auch etwas vor“, erzählt die stellvertr­etende Heimleiter­in Christina Riedel.

Auch zu Hause kann eine Katze für ältere Menschen eine sehr nette Hausgenoss­in sein, die zudem weniger Arbeit macht als ein Hund. Allerdings müssen sich Halter auch mit Katzen beschäftig­en – erst recht, wenn sie ausschließ­lich in der Wohnung leben. Die Stubentige­r brauchen Streichele­inheiten, müssen gefüttert werden und auch mal zum Tierarzt. Bei Wohnungska­tzen muss die Toilette gereinigt werden. Zu bedenken ist auch, dass sie deutlich älter werden können als Hunde.

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FOTO: DPA Der 69-jährige Werner Klawitter geht für das Tierheim in Wiesbaden mit dem Dackel-Mix Jacky Gassi.
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FOTO: IMAGO Eine Katze macht Senioren etwas weniger Arbeit als ein Hund. Doch auch sie braucht Beschäftig­ung und Streichele­inheiten.

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