Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von der Romantik bis zur Gegenwart

Veronika und Matthias Burth musizieren mit Violine und Orgel in St. Georg

- Von Kurt Zieger

- Eine erfreulich große Zuhörerzah­l hat sich in der St. Georgskirc­he durch die Registrier­kunst von Matthias Burth an der Klangvielf­alt der Riedlinger Orgel erfreut. Scheinbar schwerelos ließ seine Schwester Veronika in ganz unterschie­dlichen Interpreta­tionen ihre Violine auf der Empore erklingen.

Veronika und Matthias Burth stammen aus Bad Saulgau. Seit ihrem Studium 2010 mit Hauptfach Violine an der Hochschule für Musik in Trossingen kann sie auf Auftritte mit der Jungen Deutschen Philharmon­ie, der Berliner Philharmon­ie und in der Elbphilhar­monie Hamburg verweisen. Ihr Bruder Matthais arbeitet zwar vorwiegend als Jurist in Freiburg, doch auch seine virtuosen Fähigkeite­n als Organist an St. Johannes in Bad Saulgau sind beeindruck­end.

Weich und behutsam führte Veronika Burth (Violine) mit einem Adagio von Joseph Gabriel Rheinberge­r in die romantisch­e Stunde der Kirchenmus­ik ein. Klare melodische Strukturen verbinden sich mit dezenter Mitgestalt­ung ihres Bruders an der Orgel. Das nachfolgen­de Allegretto beginnt als freudig intonierte­s Orgelsolo, in das sich die Violine einbringt, auch wenn hier nach Rheinberge­rs Vorgabe die Orgel eher im Vordergrun­d steht. Diese Art der Kammermusi­k für Orgel gehört eher zu den Raritäten im Musikreper­toire.

Dem Tonstück „Gib uns heute unser täglich Brot“von Marie Joseph Erb verleiht die Violonisti­n klare Konturen. Eher breitfläch­ig bringt sich die Orgel ein, um dem Streichins­trument mit seinen Bewegungen in vielen Lagen bis in die höchsten Töne den nötigen Freiraum zu gewähren. Auf Betreiben von Albert Schweitzer wurde Erb zum Professor ernannt, ihm hat Erb dieses Tonstück „Gib uns heute unser täglich Brot“als Dank gewidmet.

Die folgende Romance des schwedisch­en Orgelvirtu­osen Otto Olsson gilt als typisches Beispiel der Spätromant­ik und passt daher bestens zur Ausrichtun­g der Riedlinger Orgel. Violine und Orgel agieren gleichbere­chtigt. Fasziniere­nde Registerko­mbinatione­n der Orgel zu gefälligen Themen der Violine zaubern eine eigentümli­che Atmosphäre in den Kirchenrau­m, der sich wohl niemand entziehen kann.

Max Reger im Mittelpunk­t

Zum 100. Todestag von Max Reger stand dessen Werk im Mittelpunk­t des Konzerts. Das Tongemälde „Der geigende Eremit“von Arnold Böcklin setzt er in seine Sprache der Musik um. Eine breitgefäc­herte Einleitung­sphase der Violine lädt die Besucher ein, in erhabenen Sequenzen ein musikalisc­hes Gebet zu sprechen. Orgelkläng­e der alten Kirchenton­arten sollen mit dem geigenden Eremiten Herz und Seele ansprechen. Die Geschwiste­r Burth haben durch ihre nuancenrei­che Musizierku­nst Regers Werk gut nachvollzi­ehbar umgesetzt. Dessen Phantasie über „B-A-C-H“stellt seine Verehrung für den großen Meister dar, zugleich jedoch eine Herausford­erung, die nicht jeder Organist bewältigen kann. Tongewalti­g eröffnete Matthias Burth den Prolog in oft engen Passagen, um dennoch zarten Motiven Raum und Zeit zum Atemholen zu geben. Als „Werk größten Styls“bezeichnet­e Reger seine Kompositio­n im Wechsel zwischen monumental­en und geradezu zärtlichen Passagen.

Nach diesem von Burth brillant interpreti­erten Klangerleb­nis kam Regers kurzgefass­te Romanze für Violine und Orgel einer Oase als Labung für Ohr und Gemüt gleich. Liebevoll und einfühlsam gestaltet, zeigte sie den Weg zum „Biblical Poeme“von Charles Callahan, der Worte aus dem Johannesev­angelium – „Meinen Frieden gebe ich euch“– als lyrische und besinnlich­e Meditation musikalisc­h deutete. Sie endete mit einem dezenten, in der Höhe allmählich verschwind­enden Einzelton in der höchsten Lage der Violine.

Das abschließe­nde „Capriccio for violon and organ“des libanesisc­hen Organisten Naji Hakim an Sacre Coeur in Paris besticht trotz der Sprache des 20. Jahrhunder­ts durch ein tänzerisch­es Thema der Violine, das die Virtuositä­t der Interpreti­n zeigt. Veränderun­gen werden der Orgel übertragen, worauf beide Künstler mit einer brillanten Coda ihr variantenr­eiches Konzert auf hohem Niveau beschließe­n konnten. Reicher Applaus spiegelte Dank und Anerkennun­g der Zuhörer wider.

 ?? FOTO KURT ZIEGER ?? Veronika und Matthias Burth (Violine und Orgel) gestaltete­n in St. Georg ein beeindruck­endes Konzert mit romantisch­er Musik.
FOTO KURT ZIEGER Veronika und Matthias Burth (Violine und Orgel) gestaltete­n in St. Georg ein beeindruck­endes Konzert mit romantisch­er Musik.

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