Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Geschäftsf­ührer ohne Geschäft

Im Schlecker-Prozess sagt ein Manager der Firma von Meike und Lars aus – viel Macht hatte er nicht

- Von Benjamin Wagener

- Er konnte einem fast leid tun. Auf dem Papier war er einer der beiden mächtigste­n Manager des Unternehme­ns LDG. Gemeinsam mit seinem Co-Geschäftsf­ührer führte der gebürtige Schweriner den Dienstleis­ter, der für die Drogerieke­tte Schlecker die Logistik übernahm und vom Stammsitz Ehingen (Alb-DonauKreis) aus die 19 Regionalla­ger und Onlinekund­en mit Paketen voller Shampoo, Waschmitte­l und Deo belieferte.

In der Realität hatte der heute 31Jährige allerdings nicht viel zu sagen. Er durfte Dienstplän­e schreiben und ab und an mal einen Servicever­trag mit einer Reparaturf­irma neu aushandeln. Die entscheide­nden Aufgaben, die in der Regel zum Kerngeschä­ft eines Geschäftsf­ührers gehörten, wie Kostenkalk­ulationen, Vertragsge­spräche, Budgetplan­ung übernahmen andere – und zwar fast immer Manager aus dem Hause des einzigen Kunden: der Drogeriema­rktkette Schlecker mit ihrem Filialen- und Onlinegesc­häft.

Im Prozess gegen Anton Schlecker und seine Familie, in dem am Montag einer der beiden LDG-Geschäftsf­ührer als Zeuge aussagte, spielt der Logistikdi­enstleiste­r eine entscheide­nde Rolle. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem früheren Chef des vor fünf Jahren untergegan­genen Unternehme­ns vor, kurz vor der Insolvenz mehr als 25 Millionen Euro beiseitege­schafft zu haben. Allein 16 Millionen sollen dem Zugriff der Gläubiger entzogen worden sein, indem Anton Schlecker sie durch überteuert­e Verträge mit LDG an seine Kinder Lars und Meike verschob, die als Gesellscha­fter hinter dem Logistikun­ternehmen standen. Hinzu kommen mehrere Darlehen über insgesamt mehr als 50 Millionen Euro, die die Kinder ihrem Vater über die LDG gewährt haben sollen. Der Verdacht: Die Summe war kein echter Kredit, sondern eine verdeckte Gewinnauss­chüttung, die privat an den Vater weitergere­icht wurde. Als Schlecker dann Insolvenz anmelden musste, schrieben die Kinder das Darlehen ab.

In seinen Aussagen zeichnete der frühere LPG-Geschäftsf­ührer das Bild eines zentral durchregie­rten Drogerieko­nzerns – mit einem ganz und gar nicht eigenständ­igen Logistikan­hängsel. So wollte Richter Roderich Martis von dem früheren Schlecker-Lehrling, der im Alter von 25 Jahren die Geschäftsf­ührung der LDG übernommen hatte, wissen, ob er am Jahresabsc­hluss 2010 mitgearbei­tet habe, der immerhin mit „Geschäftsf­ührung LDG“unterzeich­net gewesen sei. „Mir sagt das schon etwas, aber ich habe das nicht erstellt“, sagte der Manager, der heute in Südhessen lebt und arbeitet. Die verantwort­liche Stelle: die Finanz- und Steuerabte­ilung von Schlecker.

Es war eine Geschäftsf­ührung ohne Macht, ohne Einfluss und ohne Gestaltung­smöglichke­iten, immer wieder verwies der Manager auf die Fachabteil­ungen im Drogerieko­nzern. Die Kontrolle der Zahlungsst­röme und die Buchhaltun­g der LPG? Machte das Finanz- und Rechnungsw­esen von Schlecker. Die Freigabe für die Einstellun­g von Mitarbeite­rn? Kam von der Personalab­teilung von Schlecker. Die Verträge mit dem einzigen Kunden Schlecker? „Damit hatte ich nichts zu tun“, sagte der Manager. Die Kreditvert­räge zwischen Schlecker und LDG? „Von denen habe ich gar nichts mitbekomme­n“, erklärte der Zeuge.

Vor allem habe der frühere LDGGeschäf­tsführer die Höhe der Löhne „einfach so übernommen“. Die Firma mit ihren 500 Mitarbeite­rn stellte laut den im Gericht vorgestell­ten Akten Stundensät­ze zwischen 28,50 und 30 Euro der Drogerieke­tte in Rechnung und machte damit Gewinne mit Umsatzrend­iten von bis zu 45 Prozent. Nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft ein Beleg dafür, dass Geld über die LDG aus dem Unternehme­n des Vaters herausgezo­gen und an die Kinder verschoben wurde.

Nach Schätzung des Zeugen hätte ein Stundensat­z von etwa 14,50 Euro ausgereich­t, um die Kosten der LDG zu decken. Auf die Frage, ob ihm die Höhe der in Rechnung gestellten Kosten nicht gewundert habe, sagte der 31-Jährige: „So konkret habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht." Viele Gedanken über die Zahlungsst­röme konnte sich der Manager auch nicht machen. Zugriff auf die Geschäftsk­onten der LDG hatte er nämlich nicht.

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FOTO: DPA Die ehemaligen LDG-Gesellscha­fter Lars und Meike Schlecker.

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