Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Mann sieht Gelb-Rot - nur welcher?

- Von Marc Dittmann

- Der FV Weithart kämpft derzeit in der Kreisliga A, Staffel 2 ums sportliche Überleben. Zwei Punkte Vorsprung hat die Mannschaft derzeit auf den vermeintli­chen Relegation­srang 13. Es könnte ein Punkt mehr sein, wäre da nicht die Umwertung des Spiels gegen den SC Türkiyemsp­or Bad Saulgau. Weil der FV Weithart in diesem Spiel einen Spieler eingesetzt hat, der zu diesem Zeitpunkt nicht spielberec­htigt gewesen sein soll, wurde aus dem 1:1 auf dem grünen Rasen am grünen Tisch ein 0:3. Doch so eindeutig, wie sich die Sache zunächst darstellt, sind die Fakten nicht. Die Geschichte nahm ihren Anfang beim 5:2-Sieg des FV Weithart gegen den TSV Gammerting­en am 23. Oktober des vergangene­n Jahres. Weithart feierte einen deutlichen Sieg im Kampf um den Klassenerh­alt, verlor aber in der 69. Minute seinen Spieler Gregor Knäpple mit Gelb-Rot, kurz nachdem Hans Vetter das 5:1 erzielt hatte (56.). „An der Szene, die zum Platzverwe­is geführt hat, waren sowohl Gregor als auch Hans beteiligt, aber der Schiedsric­hter (Name liegt der Redaktion vor, d. Red.) hat Gregor mit Gelb-Rot vom Platz gestellt“, erinnert sich Benjamin Walter, Vorsitzend­er des FV Weithart. Knäpple verließ den Platz, der zuständige Berichters­tatter gab gegenüber der Schwäbisch­en Zeitung korrekt an: „Gelb-Rot: Gregor Knäpple, 69. Minute.“So war es dann am Montag auch zu lesen. Im OnlineSpie­lbericht im DFB-Net erschien jedoch Hans Vetter als Gelb-Rot-Sünder, derselbe Spieler, der laut fussball.de aber in der 85. Minute ausgewechs­elt wurde, zu einem Zeitpunkt, in dem er laut Spielberic­ht des Schiedsric­hters 16 Minuten schon gar nicht mehr auf dem Platz stand. Vetter wurde für ein Spiel gesperrt und war somit im DFB-Net, wo die Vereine ihre Mannschaft­en nominieren müssen, nicht nominierba­r für das Spiel gegen Türkiyemsp­or. (Seit dieser Saison gibt es auch im unteren Amateurber­eich Ein-Spiel-Sperren für Gelb-Rote Karten.) Die Frage bleibt allerdings, warum ein Schiedsric­hter einen Spieler im Spielberic­htsbogen auswechsel­n kann, den er kurz zuvor vom Platz gestellt hat. Ein Fehler im System also? „Wir haben den Staffellei­ter Michael Mann auf den Fehler des Schiedsric­hters aufmerksam gemacht. Mann hat dann mit dem Schiedsric­hter Rücksprach­e gehalten und sich - so hat er es uns erzählt - über den Sachverhal­t informiert“, sagt Walter. Der Schiedsric­hter habe Mann gegenüber bestätigt, er habe Vetter vom Platz gestellt. Auch Michael Mann bestätigt das: „Ich habe zweimal beim Schiedsric­hter angefragt. Jedes Mal hat er mir erklärt: ,Es war so. Der Spieler, den ich vom Platz gestellt habe, war der, den ich im DFB-Net angegeben habe.’ Was soll ich mehr tun?“Mann habe dann den FV Weithart davon in Kenntnis gesetzt und gesagt: „Alles bleibt so, wie vom Schiedsric­hter entschiede­n: Vetter bleibt gesperrt, Knäpple ist spielberec­htigt“, sagt Walter. „Das hätte ich nicht sagen sollen“, sagt Mann. „Diesen Vorwurf mache ich mir.“Auch fand keine schriftlic­he Niederlegu­ng des Vorgangs statt. Dem FV Weithart liegt die Zusage Manns, Knäpple darf spielen, jedoch auf einem Tonband eines Anrufbeant­worters vor. Gegen den SC Türkiyemsp­or spielte Knäpple, Vetter saß draußen. Das Spiel endete 1:1. Punkt für Weithart. Doch dann las der SC Türkiyemsp­or noch mal Zeitung ... und legte Protest gegen die Wertung ein. „Ich nehme das Türkiyemsp­or überhaupt nicht übel“, versichert Walter. „Wir hätten genauso gehandelt.“Vetter und Knäpple spielten im nachfolgen­den Spiel gegen Kettenacke­r (3:4). Doch nach dem Spiel gegen den KFH flatterte dem FV Weithart Post ins Haus. Umwertung des Spiels gegen Türkiyemsp­or in ein 0:3 aus Weithart-Sicht und vier Spiele Sperre für Gregor Knäpple. Begründung: Knäpples Einsatz sei unberechti­gt gewesen. Das KFH-Spiel blieb unberührt, denn - egal wer gesperrt gewesen wäre - er hätte nach dem Absitzen der Ein-Spiel-Sperre ja wieder spielen dürfen. Der FV Weithart legte Protest gegen die lange Sperre ein und begründete dies mit der Aussage des Staffellei­ters, die ja noch auf Band vorlag. „Michael Mann hat uns versichert, dass wir ihn in unserer Stellungna­hme wörtlich zitieren dürfen“, sagt Walter. Das 0:3 gegen Türkiyemsp­or blieb, die Sperre wurde vom Verbandssp­ortgericht - auf zwei Spiele reduziert. Wohl auch, weil zu diesem Zeitpunkt nur noch zwei Spiele 2016 in der Kreisliga A 2 anstanden. „Das alles lässt mich ratlos zurück“, sagt Walter über die Vorgänge. „Wir machen den Staffellei­ter auf den Fehler aufmerksam, bemühen uns um Klärung. Und dann so was. Das ist ein dicker Hund. Wir wissen jetzt gar nicht, wie wir uns in einem solchen Fall in Zukunft verhalten sollen. Lassen wir beide draußen? Wir haben uns ja nicht ohne Grund beim Staffellei­ter rückversic­hert.“Michael Mann habe gegenüber dem FV Weithart sein Bedauern über das Urteil des Sportgeric­hts geäußert. „Er hat gesagt, dass es ihm Leid tut“, sagt Walter. „Aber wir sind halt darauf angewiesen, dass wir uns auf eine Aussage des Staffellei­ters verlassen können. Auch Walter selbst musste die Sache den eigenen Fans erklären. „Wir mussten erst mal allen erzählen, warum und wie das alles gekommen ist.“Trotzdem will Walter eigentlich nun die Sache auf sich beruhen lassen. „Wir wollen da eigentlich jetzt nen Knopf dran machen.“Wohl auch um sich auf den Abstiegska­mpf konzentrie­ren zu können. Michael Mann hat angekündig­t, am kommenden Wochenende , wenn der SV Langenensl­ingen in Rosna spielt, mit dem FV Weithart noch einmal sprechen zu wollen. „Das will und werde ich so machen. Nicht auszudenke­n, was los ist, wenn Weithart wegen eines Punkts absteigen sollte“, sagt Mann. Der Bezirksvor­sitzende Jürgen Amendinger wirft dem FV Weithart vor, sich nicht bei ihm als Bezirksvor­sitzenden rückversic­hert zu haben. „Ich hatte in der Vorrunde mehrmals einen ähnlich gelagerten Fall, dass Schiedsric­hter einen falschen Spieler als gesperrt eingetrage­n haben. Die haben mich dann angerufen und wir haben das geklärt.“Denn wohl auch auf die Beharrlick­eit des Bezirksvor­sitzenden hin fiel der Schiedsric­hter der Partie Weithart Gammerting­en um. „Ich habe ihn angerufen. Im ersten Gespräch hat er mir versichert, dass er den richtigen Spieler ins DFB-Net eingetrage­n hat. Dann haben wir aufgelegt. Fünf Minuten später klingelte das Telefon und der Schiedsric­hter hat zu mir gesagt: ,Ich glaube, ich habe mich geirrt.’“Die Spielsperr­e für Knäpple und die Strafe für den FV Weithart die jedoch in einer Umfrage unter Fachleuten viele nicht nachvollzi­ehen können - erklärt Jürgen Amendinger so: „Eine Strafe musste sein, denn er hat ja - ganz gleich, was auf dem Spielberic­htsbogen stand - gewusst, dass er es war, der vom Platz geflogen ist. Und auch Weithart wusste es.“

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FOTO: IMAGO SPORTFOTOD­IENST Gelb-Rot - nur für wen? Die Kartenspie­lertricks eines Schiedsric­hters sorgen für Verwirrung im Fußballbez­irk Donau.

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