Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Deutlich mehr als ein Prinzip Hoffnung“
BI wehrt sich gegen Lucha-Aussage zum Runde-Konzept – Knackpunkte bleiben
- Die Riedlinger Bürgerinitiative wehrt sich dagegen, dass dem Runde-Konzept durch Sozialminister Manne Lucha das Label „Prinzip Hoffnung“angeklebt wurde. Das Runde-Konzept sei auf die Region abgestimmt und wirtschaftlich tragfähig und würde von allen Beteiligten unterstützt, so die BI. Hauptknackpunkte bei der Umsetzung des Konzepts bleiben weiterhin die noch ausstehende Genehmigung für die beiden Sondersitze im internistischen Bereich durch die Kassenärztliche Vereinigung und die aus Sicht der Riedlinger Verantwortlichen unabdingbare Zusage der Sana GmbH, die stationären Strukturen deutlich über 2019 hinaus zu garantieren. Das lehnt die Sana weiterhin ab.
Ende Februar sind die Pläne des Sozialministers Lucha bekannt geworden, Zuschüsse in Millionenhöhe für die Krankenhaus-Neubauten in Biberach und Laupheim an eine Schließung des Hauses in Riedlingen zu knüpfen. Vier Wochen später, nach mehreren Gesprächsrunden von Lucha mit Vertretern der Stadt, des Landkreises, der Sana, der BI und in der zweiten Runde auch mit dem Dr. Erik Seidel von der Riedlinger SI-Praxis, wurde diese Verknüpfung gelöst. „Es gibt einen rechtskräftigen Beschluss, dass 30 bis 40 Betten dort in einem Belegarztmodell betrieben werden können“, verwies Lucha dann auf die Entscheidung des Landeskrankenhausausschusses von 2016. Gleichzeitig beklagte er in Interviews einen „Froschkuttel-FaschingsAlarm“und monierte, dass man „in dieser Raumschaft erst einmal den Weg der maximalen Alarmierung und Polarisierung“gehe.
Seine Skepsis an der Tragfähigkeit des „gewagten Modells“hat Lucha nicht abgelegt. Derzeit führt der Betrieb Riedlingen zu einem jährlichen Defizit im „hohen sechsstelligen Bereich“, wie die Sana GmbH auf Anfrage bestätigt. Eine erste wirtschaftliche Betrachtung des angedachten Belegarztmodells im Runde-Konzept mit wenigen stationären Betten führe laut Sana „zu einem prognostizierten negativen wirtschaftlichen Ergebnis im mittleren sechsstelligen Bereich pro Jahr“.
Die BI verweist allerdings darauf, dass die Krankenhäuser im Landkreis Biberach 2015, trotz der Außenstellen Laupheim und Riedlingen, einen Gewinn von 1,1 Millionen Euro erwirtschaftet haben – und das obwohl, das Runde-Konzept hier noch nicht mal umgesetzt ist. „Im Kreis Biberach wurden die Hausaufgaben gemacht“, so die BI. Auch in anderen Kreisen wird in dezentralen Häusern Verlust gemacht. So weist die Bilanz 2015 der SRH Kliniken in Sigmaringen für den Standort Pfullendorf ein Minus von 1,4 Millionen Euro aus, für den Standort Saulgau 470 000 Euro. Diskussionen um Standortschließungen gibt es im Kreis Sigmaringen nicht (Seite 18).
Die Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH erhält nun Millionen vom Land aus dem Strukturfonds für die Neubauten in Biberach und in Laupheim. Für die Neubauten wurden Kosten in Höhe von 127 Millionen Euro angemeldet. Der Fördersatz des Strukturfonds liegt gewöhnlich bei 75 bis 80 Prozent der förderfähigen Kosten, also deutlich höher als bei der „normalen Krankenhausförderung“. Von daher kann die „Sana GmbH durch die Bettenreduzierung in Riedlingen und Laupheim mit Mehreinnahmen im zweistelligen Millionenbereich rechnen.
Diese Förderzusage zu erhalten und dennoch zu erreichen, dass die Tür für Riedlingen offen bleibt, sehen die Beteiligten als Erfolg. Das sei nur durch die Geschlossenheit aller – Landkreis, Sana, Stadt und BI – möglich gewesen. „Wir sind enger zusammengerückt“, sagt Bürgermeister Marcus Schafft. Und die Sana betont: „Die Umsetzbarkeit des Vier-Säulen-Modells nach Professor Runde stellt unseres Erachtens nach eine Chance für den Standort Riedlingen dar. Diese Haltung haben wir in den Gesprächen mit dem Ministerium auch entsprechend wiedergegeben.“
Doch nun nach diesem „Sozialminister-Intermezzo“ist die Situation wie sie vor vier Wochen war, nur dass der Zeitdruck höher ist. Und es gibt noch große Knackpunkte: Die Sonderbedarfssitze für die beiden Internisten sind durch die Kassenärztliche Vereinigung noch nicht genehmigt. Schafft hofft allerdings, dass auch dort das Signal des Ministers gesehen werde – dass auch Lucha dem Modell keine Steine in den Weg gelegt hat.
Und weiterer Knackpunkt ist die Forderung an die Sana, die stationären Strukturen deutlich über 2019 zu garantieren. Dies sei Grundvoraussetzung für die Zusage der Ärzte in ein Ärztehaus zu investieren – was wiederum Voraussetzung für die St. Elisabeth-Stiftung ist auf dem Klinikgelände das Pflegeheim zu realisieren. Doch diesen Zusammenhang sieht Sana nicht. „Die erfolgreiche Umsetzung des Ärztehauses ist unseres Erachtens nicht von stationären Strukturen abhängig“, so die Antwort auf SZ-Anfrage.
Die BI verweist allerdings darauf, dass das Runde-Konzept auf die enge Verzahnung von ambulanten und stationären Strukturen aufgebaut sei. Das mache die Attraktivität des Konzepts aus und die wirtschaftliche Basis für die Fachärzte.
Die Sana will keine jahrelange Zusage geben, aber dem Modell zumindest zwei Jahre Zeit einräumen: „Wenn das Modell umgesetzt werden kann, hat es die Chance, sich zu bewähren. Damit meinen wir, dass sich sowohl der Bedarf, also die Patientenzahl, als auch die Wirtschaftlichkeit positiv entwickeln müssen. Eine Bewertung, ob das Modell strukturell und wirtschaftlich nachhaltig ist, kann aus unserer Sicht frühestens zwei Jahre nach Umsetzung des Belegarztmodells erfolgen.“Die Sana wird in Riedlingen auch nicht in einen Neubau investieren, sondern die bisherigen Gebäude nutzen: Für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes werden wir selbstverständlich weiterhin sorgen.“