Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gut gebrüllt, Altheimer Löwe!
W er im Löwen in Altheim Glück hat und noch vor dem üblichen Ansturm der Genießer einen einsamen Tisch erwischt, der kann sie feierlich ticken hören, die Pendeluhr in der Ecke des Gastraums. Es ist ein eigenartiger und fremder Klang in unserer digitalen Zeit. Das Tick-Tack-TickTack aus einer Ära, als Tage und Stunden noch mechanisch gezählt wurden. Das uralte Gasthaus im Hinterland des Bodensees jedenfalls hat sich die Aura einer vergangenen Zeit bewahrt. Aber: Die legendäre Gastgeberin Isolde Pfaff heult dem Gestern keine Träne nach. Vielmehr hat sie aus der Gaststube eine Art Kuriositätenkabinett gemacht. Mit Kunst, Holzskulpturen afrikanischen Ursprungs, Lichtinstallationen, Gemälden und vielen anderen Sachen, die der Gast dem alten Haus von au- ßen niemals zutrauen würde. Selbst wenn das Essen langweilig wäre, hätte das Auge doch üppige Unterhaltung. Tief hängt die Decke, eine Zwangsbedudelung gibt es hier nicht. Der intensivste Klang kommt neben der Pendeluhr aus der pfannenklappernden Küche. „Die Karte kommt glei“, verkündet die fürsorgliche Dame im Service. Sie sei gerade noch im Drucker, was auf eine stark saisonal und tagesfrisch orientierte Küche schließen lässt. Das bewahrheitet sich, wobei der Charakter von einer bodenständigen Eleganz lebt, die nicht zu kompliziert wird. Ausdruck findet das in der ausgewogenen SellerieFisch-Cremesuppe, in der sich auch ein paar Flusskrebsschwänze tummeln. Überraschung: Das maskuline Wurzelgemüse harmoniert bestens mit dem Fischsud. Der Sellerie kommt geschmacklich sehr deutlich durch. Die Flusskrebse sind aber trocken und wirken zu lange gegart. Für frische Exemplare ist auch gar keine Saison. Die gebratenen Scheiben von der Salatgurke hören sich auf der Karte interessanter an, als sie dann auf der Suppe schmecken, weil lasch und wässrig. Das tiefgrüne Kräuteröl bringt eine schöne, leichte Bitterkeit ins kulinarische Spiel, sodass sich die Vorspeise durchaus schmecken lassen kann.
Achtung, da kommt der Hauptgang: Die tragende Rolle hat dabei ein Lammfilet, höchstwahrscheinlich im Vakuum gegart, weil es so zart ist wie es nur sein kann. Warum das gute Stück bereits aufgeschnitten ist, bleibt das Geheimnis der Küche. Messer und Gabel gibt es ja schließlich bei Tisch. Von denkwürdiger Würze ist die Sauce, auf der das Lamm gebettet liegt. Es durchziehen sie intensive Thymianaromen, die pure Fleischeslust manifestiert sich in der Schwere dieser Flüssigkeit – für Bluthochdruckpatienten aber hart an der Grenze der erlaubten Natrium-Tagesdosis, will sagen: Mehr Salz hätte sie wirklich nicht vertragen. Bemerkenswert ist das Kartof- felgratin, denn in der ganzen sämigsahnigen Angelegenheit hat jede Kartoffelscheibe für sich noch spürbaren Biss und ist nicht zu einer Art überbackenem Püree verkommen. Ob es auch wirklich schmeckt, ob alles in Ordnung ist, danach erkundigt sich Isolde Pfaff mehrmals persön- lich. Vor Kurzem erst hat sie ihren Kochlöffel in die Hände von Sohn Roman gelegt. Ein Generationswechsel, der im Falle dieses Menüs trotz kleiner Schwächen geglückt ist.
Dafür spricht auch die JoghurtMousse mit Passionsfrucht und Haferstreuseln: luftige Säuerlichkeit ohne pappige Bindemittelstärke. Und während der Löffel sich ins Dessert vertieft, ist es plötzlich wieder da, das behagliche Ticken der uralten Pendeluhr. Hauptstraße 41 88699 Frickingen- Altheim Telefon 07554- 8631 www. loewen- altheim. de Geöffnet Dienstag bis Samstag ab 17.30 Uhr sonntags nur mittags ab 11.30 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgerichte 12- 25 Euro, Menü ab 29 Euro. Weitere „ Aufgegabelt“- Folgen: