Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kalkulierter Verzicht
Immerhin, das ist Frauke Petry gelungen: Sie hat für ein wenig Überraschung gesorgt in der seit Monaten andauernden AfD-Selbstzerflei- schungsshow. Petry, die bislang keine parteiinterne Fehde ausließ, um ihre Machtposition zu verteidigen, will nicht mehr Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl werden. Das könnte man als Feigheit vor dem Feind deuten – und zwar vor dem parteiinternen. Ihre Gegner hatten die Messer ja bereits gewetzt, um Petrys alleinige Spitzenkandidatur zu verhindern.
Aber das allein war es wohl nicht, was sie zum Verzicht bewogen hat. Vielmehr scheint es so, als habe Petry erkannt, dass sie nicht ihr Gesicht für eine heillos zerstrittene Partei am rechten Rand hergeben will. Dabei war sie es selbst, die 2015 nach der Niederlage von Parteigründer Bernd Lucke die AfD nach rechts geführt hat. Nun fordert sie einen Strategiewechsel, weil sie einsehen musste, dass rechtsaußen keine hohen zweistelligen Wahlergebnisse zu holen sind.
Petry geht es erneut nur um Macht. Die 41-Jährige will nicht mit alten Herren an ihrer Seite auf Dauer in der Opposition dümpeln. Deshalb versucht sie, auch wenn die Erfolgsaussichten gering sind, der AfD einen Anstrich zu geben, der sie für konservative Wähler interessant machen soll. Doch die rechten Kräfte, die Petry einst rief, indem sie Begriffe wie „völkisch“wieder positiv besetzen wollte, sind zu stark geworden. Deshalb wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis Petry das Lucke-Schicksal ereilt.