Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Galeriekonzert wird zu instrumentaler Sternstunde
Lena Neudauer und Wolfgang Brunner interpretieren Schubert auf fantastische Weise
- In einem Konzert nur Werke eines einzigen Komponisten vorzustellen, mag mancherorts als beschränkt empfunden werden. Doch wie Lena Neudauer (Violine) und Wolfgang Brunner am Hammerklavier Früh- und Spätwerke von Franz Schubert mit Leben erfüllten, löste im Galeriekonzert Staunen, Bewunderung und nicht enden wollenden Beifall aus.
Lena Neudauer, Professorin für Violine an den Musikhochschulen der Saar und in München, musiziert mit deutschen und internationalen Orchestern und gewann bereits im Alter von 15 Jahren den Mozart-Wettbewerb in Augsburg. Wolfgang Brunner unterrichtet an der Musikhochschule Karlsruhe und am Mozarteum Salzburg Hammerklavier und historische Tasteninstrumente und gründete die Salzburger Hofmusik für die dortigen Festspiele. Beide Künstler haben sich als eingespieltes Team den Werken von Franz Schubert gewidmet. Der Pianist lobte den „Riedlinger Graf “als besonders wertvolles Instrument, Lena Neudauer spielte auf einer Violione von Lorenzo Guadagnini aus dem Jahr 1743, die durch eine empfindliche Darmsaite in den Legato-Sätzen einen besonders weichen Klang in die Galerie zauberte.
Im Alter von 19 Jahren lebte Franz Schubert noch in seinem Elternhaus, hatte von dort aus Mozart studiert und schrieb so anno 1816 seine Sonate Nr. 1 in D-Dur. Zart und einfühlsam gestalteten die Künstler die ersten Takte des allegro molto. Doch bald schimmerte Mozart mit flinken Läufen, auch im unisono-Charakter durch, jedoch von Schubert zu einem beschwingten Hörvergnügen weiterentwickelt. Violine und Hammerflügel erklangen in ihrer ganz speziellen Sprache als instrumentale Symbiose. Auch das Andante atmete Mozartsche Heiterkeit. Bei solistischen Partien des Pianisten kam der durch besondere Technik ermöglichte, weiche Klang des Flügels gut zum Tragen. Dem schloss sich die Violinistin an, indem sie Einheiten von großer Breite mit kurzgefassten, liebevoll abgerundeten Beigaben verzierte. Das Allegro vivace war geprägt von virtuosen Partien in den hohen Lagen der Violine, verbunden mit unzähligen nahtlosen Saitenübergängen. Partnerschaftlich und doch mit eigenen Akzenten neben fließenden Passagen weitete Brunner seinen Part am Klavier zu einem wahren Ohrenschmaus auf künstlerisch hohem Niveau.
Ein Jahr vor seinem Tod schrieb Schubert eine Fantasia für zwei besonders virtuose Solisten. Er nutzt dabei die Möglichkeiten eines Hammerklaviers für ganz verschiedene Klangfarben von frappierend virtuosen Läufen bis zu verträumten Szenen in einem fast geflüsterten Pianissimo, die kein modernes Instrument zu bieten hat. Dazu passen dahingleitende Szenen der Violine, die sich jedoch zu Passagen weiten, die nur mit der unglaublichen Beweglichkeit von Lena Neudauer interpretiert werden können. Man hat fast den Eindruck, mit diesem Werk wollte Schubert seinen ganzen Schatz an kompositorischen Finessen im gesamtem Klangraum beider Instrumente so komprimieren, dass nur außerordentlich begabte Könner diese Fantasia zu meistern imstande sind.
Das folgende Rondo in h-moll sei, wie Brunner anmerkte, zu Schuberts Zeiten wohl als „anspruchsvolle Unterhaltungsmusik“bezeichnet worden. Im Gegensatz zu seiner Fantasiasind im Rodo viele Facetten zu finden, die eine breite Hörerschicht ansprechen. Dass dieses Werk für dieselben Virtuosen wie die Fantasia geschrieben wurde, zeigt den künstlerischen Anspruch der Komposition, den die Interpreten im Galeriekonzert in außergewöhnlichem Umfang erfüllten. Verträumte Einzeltöne, von Lena Neudauer im Einklang mit ihrer Violine sichtbar gelebt, verschmolzen mit virtuosen Partien zu markanten Doppelgriffen. Dem standen die pianistischen Herausforderungen in keiner Weise nach. Prägnante Einzelbausteine und makellos fließende Läufe vereinten sich im Zusammenspiel beider Instrumente zu einem einzigartigen Hörvergnügen.
Virtuosität und spürbare Freude
Schuberts Variationen über „Trockene Blumen“weisen thematisch auf eine Szene aus seinem Zyklus der „Schönen Müllerin.“Auch hier verströmte der Hammerflügel eine eigentümliche Stimmung, der sich die Violine mit düsteren, nachdenklichen Farben anschloss. Doch dezent aufleuchtende Themen standen für den Umschwung von der Nacht zum Tag, vom Winter zum Frühling. In differenzierten Variationen mehrten sich Paradeszenen für beide Instrumente bis zum einem beschwingten Marsch, von den Künstlern mit Können, Virtuosität und spürbarer Freude bravourös in Szene gesetzt. Außergewöhnlich lang anhaltender Beifall zeigte den Dank der Zuhörer für eine Sternstunde instrumentaler Musizierkunst.