Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schweizer Spion soll deutsche Steuerfahnder bespitzelt haben
54-Jähriger wegen „mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit“festgenommen
(dpa/AFP) - Der Ankauf von Steuer-CDs hat schon vor Jahren zu Spannungen zwischen Deutschland und der Schweiz geführt. Jetzt soll ein Schweizer Spion deutsche Steuerfahnder ausgeforscht haben. Die Festnahme des 54-jährigen Schweizers Daniel M. erfolgte laut Bundesanwaltschaft „wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit“für „den Geheimdienst einer fremden Macht“.
Durchsuchung in Frankfurt
In diesem Zusammenhang seien Wohn- und Geschäftsräume in Frankfurt sowie im Wetteraukreis durchsucht worden. An dem Einsatz beteiligt waren Beamte des Bundeskriminalamts. Laut der Tageszeitung „Die Welt“wurden auch Hotelzimmer durchsucht. Gegen Daniel M. lag laut Bundesanwaltschaft bereits seit dem 1. Dezember 2016 ein Haftbefehl vor.
Laut einem Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung“hatte das schweizerische Außenministerium die Festnahme eines Bürgers des Landes in Deutschland bestätigt. Daniel M., der am Freitag einem Ermittlungsrichter vorgeführt wurde, soll der Zeitung „Die Welt“zufolge für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB), den Schweizer Geheimdienst, gearbeitet haben. Er sei als Spion im deutschen Finanzsektor und Bankenwesen eingesetzt worden. Sein Auftrag war es demnach, deutsche Steuerfahnder zu identifizieren, die am Ankauf der Steuer-CDs mit Daten unter anderem zu Steuerbetrugsfällen beteiligt waren. Die Zeitung „Blick“meldete am Sonntag unter Berufung auf den deutschen Anwalt des Verdächtigen, seinem Mandant werde dieser Vorwurf gemacht.
Nach Informationen der „Welt“soll der Schweizer jahrelang als Spion des Schweizer Geheimdienstes NDB in Deutschland tätig gewesen sein.
Kraft: „Das ist eine Sauerei“
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat die mutmaßliche Ausforschung deutscher Steuerfahnder scharf verurteilt. „Wenn das stimmt, ist das ein echter Skandal“, sagte die SPD-Politikerin am Montag. „Das ist eine Sauerei.“Die NRW-Landesregierung werde sich nicht davon abbringen lassen, den Weg der Steuergerechtigkeit weiterzugehen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans sagte, die Landesregierung werde sich nicht einschüchtern lassen. Die NRW-Finanzverwaltung erwerbe SteuerCDs, „weil sie Steuerhinterziehung nicht anders aufklären kann“. Nordrhein-Westfalen schließt den Ankauf weiterer Steuer-CDs als letztes Mittel im Kampf gegen Steuerhinterziehung nicht aus, hieß es im Ministerium.
Im Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht hatten die EU und die Schweiz im Mai 2015 ein Abkommen über den automatischen Austausch von Bankdaten ab 2018 besiegelt. Bei Inkrafttreten des Abkommens werden die 28 EU-Staaten künftig von der Schweiz jährlich Daten zu allen Steuerpflichtigen erhalten, die dort ein Konto haben. Die gleichen Verpflichtungen haben dann auch die EU-Staaten gegenüber der Schweiz.
Seit 2006 hatten mehrere Bundesländer sogenannte Steuersünder-CDs mit gestohlenen Kundendaten aus der Schweiz und Liechtenstein angekauft. Das von der Schweiz kritisierte Vorgehen wurde von höchsten deutschen und europäischen Gerichten als juristisch zulässig anerkannt.