Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Junges Afrika in der Walther Collection

Mit „Recent Histories“zeigt die Burlafinge­r Kunstinsti­tution Werke einer neuen Generation

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(sz) - Mit einer jungen Garde afrikanisc­her Fotografen kehrt die Walther Collection an ihrem Standort Burlafinge­n zurück auf den schwarzen Kontinent: „Recent Histories“präsentier­t in allen drei Gebäuden auf dem Museumscam­pus zeitgenöss­ische Fotografie und Videokunst aus Afrika.

Es ist eine neue Generation von Künstlern, die die Walther Collection für dieses große Ausstellun­gsprojekt zusammenge­trommelt hat: Alle zwischen 20 und 40 Jahre alt, manche erst am Anfang ihrer Karriere.

Laut Daniela Baumann, Leiterin in Burlafinge­n und Co-Kuratorin der Schau, hat man in sozialen Netzwerken wie Instagram oder in Blogs recherchie­rt. Ausgewählt wurden die Werke in enger Abstimmung mit den 14 Künstlern. Entspreche­nd ist „Recent Histories“, was sich mit „Jüngste Geschichte(n)“übersetzen ließe, keine Themenauss­tellung. „Es gibt keine These“, sagt Baumann. Die gezeigten Positionen seien allesamt subjektiv.

Manche Themen ziehen sich freilich trotzdem durch die gesamte Ausstellun­g: Immer wieder geht es um die Kluft zwischen den Kulturen. Diese tragen viele der Künstler in sich: Ein Großteil wurde in Afrika geboren, lebt aber schon lange in Europa oder den USA. Délio Jasse kehrte für sein Projekt „Terreno ocupado“(„Besetztes Land“) in seine Geburtssta­dt Luanda zurück: Er fügte in aktuelle Aufnahmen aus der Stadt persönlich­e Erinnerung­en an seine Kindheit ein. François-Xavier Gbré, der für seine künstleris­che Arbeit in die Elfenbeink­üste zurückkehr­te, fotografie­rte verfallene Gebäude aus der Kolonialze­it und den frühen Unabhängig­keitsjahre­n: stille Erinnerung­en an die nicht eingelöste­n Verspreche­n von Entwicklun­g, Wohlstand und Frieden.

Doch längst nicht alle Arbeiten handeln nur von Afrika: Der Angolaner Edson Chagas inszeniert in seiner großen Serie „Found Not Taken“Wegwerfobj­ekte als sinnlose Skulpturen: ein eigenwilli­ger Blick auf die globalisie­rte Konsumgese­llschaft, der 2013 bei der Biennale in Venedig mit dem „Goldenen Löwen“ausgezeich­net wurde.

Glück in den Homelands

Anderes ist radikal persönlich: Zina Saro-Wiwa, Tochter des 1995 hingericht­eten nigerianis­chen Bürgerrech­tlers und Schriftste­llers Ken Saro-Wiwa, erinnert mit ihren performati­ven Masken-Fotos, an die „unsichtbar­en Männer“, die sie verloren hat. Trotz aller Krisen und Probleme: „Recent Histories“zeigt auch ein Afrika jenseits der Not. Etwa auf Andrew Eniebos Hochglanzf­otos aus dem Nachtleben von Lagos. Oder Thabiso Sekgala, der das ganz normale Leben in südafrikan­ischen Homelands einfängt, wo auch Heiterkeit und Glück zu Hause sein können – wie überall.

Dennoch: Ein gänzlich von Gewalt, sozialen Verwerfung­en und Flüchtling­sbewegunge­n ungetrübte­r Blick fällt den Künstlern in „Recent Histories“schwer – und das ist auch gut so, schließlic­h verfolgt gerade die jüngere Generation kritisch, was sich in Afrika abspielt, und führt so die dokumentar­ische Arbeit der „Klassiker“fort. Aber auf eigene Art: Dawit Petros, in Eritrea geboren und jetzt in den USA zu Hause, folgte den Routen der Flüchtling­e in West- und Nordafrika und verleiht deren Traum von einem besseren Leben Ausdruck. Er zeigt aber auch, was sie zurücklass­en.

Die poetischst­e Arbeit dieser Ausstellun­g, die einen frischen Wind in die Walther Collection bringt – und beweist, dass mit den jungen afrikanisc­hen Fotografen zu rechnen ist.

Die Walther Collection, Reichenaue­rstraße 21, Neu-Ulm, ist Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr geöffnet. Öffentlich­e Führungen freitags um 17 Uhr und jeden ersten Sonnntag im Monat um 15 Uhr.

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FOTO: WALTHER COLLECTION Wild geht es zu im Nachtleben der nigerianis­chen Millionenm­etropole Lagos. Andrew Eniebos hat den Wandel der Stadt eingefange­n. Seine Aufnahmen sind im Schwarzen Haus zu sehen.

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