Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Wir sorgen dafür, dass nicht Wahlkampfreden gehalten werden“
- Politische Themen „spielen bei Kirchentagen eine Rolle, aber nicht in parteipolitischem Sinne“, sagt Heinrich BedfordStrohm (Foto: dpa), Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner.
Welche Rolle spielt die Gerechtigkeitsfrage beim Kirchentag?
Man kann nicht Gottesdienst feiern, ohne sich um die Not der anderen zu kümmern. Gerechtigkeit und der Schutz der Schwachen sind urbiblische Themen. Wenn Menschen in Not sind und es nicht schaffen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ist es unsere gemeinsame Aufgabe, das zu ändern. In wenigen europäischen Ländern sind die Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland.
Waren die Agenda-Reformen im Nachhinein betrachtet Fluch oder Segen für Deutschland?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Man muss die Frage stellen, an welchen Stellen diese Reformen Menschen geholfen haben, aus der Armut herauszukommen und wo das nicht gelungen oder sogar erschwert worden ist. Deutschland hat einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Es geht nicht, wenn Menschen Vollzeit arbeiten, aber von ihrem Lohn nicht in Würde leben können. Wir werden nicht aufhören, darauf hinzuweisen.
Können Sie die Kritik verstehen, dass der Kirchentagsauftritt von Barack Obama mit Angela Merkel vor allem schöne WahlkampfBilder für die Kanzlerin bringt?
Ich habe Verständnis dafür, wenn es da Sorgen gibt. Natürlich ist es ein besonderes Setting, eine herausgehobene Veranstaltung. Aber wir werden dafür sorgen, dass nicht Wahlkampfreden gehalten werden. Wir werden auch kritische Fragen stellen. Angela Merkel nimmt als Bundeskanzlerin unseres Landes teil und nicht als Vertreterin einer im Wahlkampf befindlichen Partei.
Wird Barack Obama jetzt – in Zeiten des umstrittenen Nachfolgers Donald Trump – nicht verklärt?
Nein, das glaube ich nicht. Mir geht es jedenfalls nicht um Verklärung. Barack Obama war bis vor Kurzem der mächtigste Mann auf der Welt. Wir wollen wissen, in welchem Verhältnis seine Politik zu seinem Glauben steht und zu den Idealen, mit denen er sich als junger Mensch auf den Weg gemacht hat.