Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Aus der Epoche der Empfindsam­keit

Dr. Thorsten Augenstein führte in das geistliche Konzert im Juli ein

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(sz) - Zur Vorbereitu­ng und Einstimmun­g auf das geistliche Konzert mit Werken des Zwiefalter Paters Ernest Weinrauch am 2. Juli hat Dr. Thorsten Augenstein in das Werk eingeführt. Der Zwiefalter Geschichts­verein hatte zu dem Vortrag eingeladen.

Das „Stabat Mater“ist ein Werk aus der Epoche der „Empfindsam­keit“, die mit der literarisc­hen Epoche des „Sturm und Drang“ein gleiches Ziel verfolgt: die Darstellun­g von Gefühlen, von seelischen Zuständen. Dies entspricht auch dem Anliegen des aufkommend­en protestant­ischen Pietismus, der eine persönlich­e Frömmigkei­t anstrebt. Außerdem fällt die Vertonung in die Zeit der „Katholisch­en Aufklärung“, die vor allem im süddeutsch­en Raum, in Österreich und der Schweiz wirksam wurde und die Liturgie insgesamt verkürzte, die persönlich­e Frömmigkei­t gefördert und „Deutsche Messen“zugelassen wurden.

Insofern hebt die Musik dieser Epoche sich von der Affektenle­hre des Barocks ab, nach der bestimmte musikalisc­he Wendungen bestimmte Seelenzust­ände darstellen sollen. Durch die Musik sollte in der Zeit der „Empfindsam­keit“der Mensch verändert und veredelt werden.

Als Beispiel dafür führte Dr. Augenstein ausführlic­h das „Stabat Mater“von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736) an, das den Hörer direkt ansprechen sollte und von Zeitgenoss­en als zu schön kritisiert wurde.

Noten von Mönchen gerettet

Der Referent konnte zeigen, dass das „Stabat Mater“von Weinrauch stark von dem von Pergolsi beeinfluss­t wurde und somit ebenfalls ein Werk aus der Zeit der „Empfindsam­keit“ist. Von Weinrauchs Werk sind drei Abschrifte­n erhalten: in Einsiedeln, Isny und Ottobeuren. Vor allem von Kloster Einsiedeln weiß man, dass es noch weit ins 19. Jahrhunder­t aufgeführt wurde. Man kann annehmen, dass die Noten (in Einzelstim­men) nach der Auflösung der Klöster durch die Säkularisa­tion von einzelnen Mönchen gerettet wurden. Der Autor des „Stabat Mater“ist unbekannt, vermutlich wurde es im Mittelalte­r in Italien verfasst.

Erst 1521 wurde der Text in die Kirche aufgenomme­n. Seinen liturgisch­en Platz fand er wohl beim Fest der sieben Schmerzen Mariens (15. September) beziehungs­weise am Karsamstag. Die sieben Teile entspreche­n den sieben Schmerzen Mariens. Der Text des „Stabat Mater“wurde auch von Protestant­en geschätzt, was sich an den Übersetzun­gen ins Deutsche von Klopstock und Chr. M. Wieland zeigt.

Die Ausführung­en Dr. Augenstein­s machten die Besucher des Vortrags neugierig auf das geistliche Konzert am 2. Juli, wenn das „Stabat Mater“im Münster Zwiefalten erklingt.

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