Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Keine Macht den Feinden der Demokratie
Kirchen und Landkreis gründen mit weiteren Partnern Bündnis für Demokratie und Toleranz
- Für Demokratie und Toleranz eintreten: Dieses Ziel haben sich die evangelische und katholische Kirche sowie der Landkreis Biberach gesetzt. Dafür haben sie mit weiteren Partnern am Montagabend im Foyer der Kreissparkasse Biberach das Bündnis für Demokratie und Toleranz im Landkreis Biberach gegründet. „Wir stehen zu dem, was uns ausmacht“, sagte der katholische Dekan Sigmund F. J. Schänzle im Hinblick auf die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands.
Auch der Landkreis Biberach ist nicht frei von Gewalttaten gegenüber Fremden, wie der Brandanschlag auf die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Riedlingen vor eineinhalb Jahren gezeigt hat. Gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und andere Formen von Extremismus wollen mehrere Akteure aus dem Landkreis Biberach jetzt aktiv ein Zeichen setzen. „Die Überzeugungen des Grundgesetzes vererben sich nicht“, sagte der evangelische Dekan Hellger Koepff. Sie müssten in jeder Generation wieder neu mit Leben erfüllt werden. „Dafür einzutreten haben Landkreis sowie katholische und evangelische Kirche die Initiative ergriffen und das Bündnis für Demokratie und Toleranz im Landkreis ins Leben gerufen“, so der Dekan bei der Gründungsveranstaltung, die von Rita Nakad an der Violine musikalisch umrahmt wurde.
Es soll ein lockeres Bündnis sein, das sich drei Ziele gesetzt hat: Zusammenhalt aller demokratischen Kräfte, Förderung des Demokratiebewusstseins in der Gesellschaft und rasche Handlungsfähigkeit, wenn beispielsweise Menschen wegen ihrer Herkunft diffamiert werden. Schänzle betonte: „Die hohen Güter wie Freiheit, Recht und Einigkeit müssen neu in den Blick genommen werden.“Egal, ob in Kirchen, Kommunen, Schulen oder den Familien. Große Jubelstimmung über die Gründung des Bündnisses wollte bei ihm an diesem Abend jedoch nicht ausbrechen. „Es ist eigentlich bedenklich, was wir tun“, sagte er in Bezug auf die Kräfte, die die Rechtsordnung in Deutschland infrage stellten.
Warnung vor Populisten
Wer diese Kräfte sind, drauf ging die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin in ihrem Plädoyer für Demokratie und Toleranz unter anderem näher ein. Quellen der hetzerischen Reden gegenüber Flüchtlingen, Andersfarbigen oder Andersgläubigen seien Rechtsextreme und Populisten. Vor Letzteren warnte sie: „Sie fordern mehr Demokratie. Allerdings wollen sie diese nur, wenn diese zu ihrer Bestätigung dient.“Populisten seien keine Menschen, die eine klare Aussprache favorisierten oder gegen die Elite wetterten. Populisten behaupteten, für eine schweigende Mehrheit zu sprechen, und tolerierten Meinungen anderer nicht. Sie sagt: „Das ist totalitär.“Sie beglückwünschte die Initiatoren des Bündnisses zu ihrer Entscheidung: „Ich freue mich, dass Sie nicht nur analysieren wollen, sondern aktiv für Demokratie und Toleranz eintreten möchten.“Sie wundere sich nicht, dass so ein Bündnis ausgerechnet in Biberach entstünde, in der Stadt, in der es seit dem Mittelalter mit der Stadtpfarrkirche St. Martin ein Simultaneum gebe.
Wie die Arbeit des neuen Bündnisses im Detail aussieht, wird sich nach der Bundestagswahl im Herbst zeigen. Denn erst dann tritt die Vollversammlung zusammen, bei der die Organisationsform und die Art der Zusammenarbeit genauer geklärt werden sollen. Laut Dekan Koepff ist dieser Zeitpunkt bewusst gewählt: „Damit soll deutlich werden: Wir machen keine Alltagspolitik und schon gar keine Parteipolitik.“Landrat Heiko Schmid bedankte sich bei allen Beteiligen für ihr Engagement: „Es freut mich, welche Vielfalt und Breite an Partnern hinter dem Bündnis stehen. Unser Leben ist vielfältig – und nicht schwarz-weiß.“