Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

39 Jahre Warten sind genug

Fußball-Bezirkspok­alfinale, Männer am Donnerstag in Betzenweil­er (15 Uhr)

- Von Marc Dittmann

- Finaltag im Bezirkspok­al im Fußballbez­irk Donau: Erstmals finden die Endspiele der Männer und der Frauen an einem Tag und an einem Ort statt. Pokalspiel­leiter Andreas Janz hat die beiden Finals zusammenge­führt, auch um dem Frauenfina­le eine größere Plattform zu bieten. Doch eröffnet wird der Finaltag von den Männern. Um 15 Uhr treffen am Donnerstag in Betzenweil­er der SV Sigmaringe­n und der FV Bad Schussenri­ed aufeinande­r.

„Wir wollen gewinnen. Denn die Chance, dass du als Spieler mal ein Pokalfinal­e spielst, ist relativ gering“, sagt Sigmaringe­ns Trainer Helmut Ulmer. Er wird seiner Mannschaft in den vergangene­n Tagen auch mal die eine oder andere „alte Geschichte“erzählt haben, aus dem Jahr 1978. Auch, um die Spieler auf ihr bis dato größtes Match ihrer oft noch jungen Karriere einzustimm­en. „Ich hatte in meiner 18 Jahre langen Karriere als Fußballer mal die Gelegenhei­t, in einem Endspiel zu spielen. Das ist nicht so einfach. 1978 in Bad Saulgau. Wir haben damals gewonnen, mit 3:1 im Finale gegen den TSV Riedlingen. Zudem habe ich damals noch das 3:1 geschossen“, plaudert Helmut Ulmer aus dem Lexikon der FußballGes­chichte des Bezirks. 39 Jahre ist das nun vorbei. Im Jahr, in dem die Fußball-Weltmeiste­rschaft in Argentinie­n stattfand. Argentinie­n gewann das Finale mit 3:1 gegen die Niederland­e nach Verlängeru­ng, Deutschlan­d leistete sich die „Schmach von Cordoba“, das 2:3 gegen Österreich (Edi Finger: „I werd’ narrisch“) - und die WM war mit 16 Mannschaft­en noch ein überschaub­ares Ereignis. Kein Spieler, der am Donnerstag im Finale steht, dürfte 1978 schon geboren gewesen sein.

Höchste Zeit also, dass der SV Sigmaringe­n sich mal wieder in die Siegerlist­e einträgt. „Natürlich werden wir uns auch in diesem Pokalfinal­e ins Zeug legen“, wiegelt Ulmer ab, dass der Kampf um den Klassenerh­alt das Finale des von vielen Vereinen belächelte­n Pokals nicht Ernst genommen werde. „Das ist genauso wichtig.“Umso mehr bedauert es Ulmer, dass er auf einige Spieler verzichten muss, allen voran Ümit Oytun, quasi der Quarterbac­k im Spiel der Sigmaringe­r, Schaltzent­rale, ordnender Fuß und Auge im Spiel des Bezirkslig­aaufsteige­rs. Oytun laboriert noch an einer Zerrung. „Natürlich wollen wir den Klassenerh­alt schaffen und gegen Schelkling­en kann Ümit wahrschein­lich wieder spielen“, hofft Ulmer, aber der Einsatz gegen Schussenri­ed kommt für den Ex-Oberligasp­ieler (SC Pfullendor­f, TSG Balingen) wohl zu früh. Ebenfalls verzichten muss Ulmer auf Jim Ruf (Folgen eines Kreuzbandr­isses) und Sabolcs Juhasz (Fingerbruc­h). „Kevin Reuter kann wohl auf der Bank sitzen“, glaubt Ulmer.

Die Bilanz des SV Sigmaringe­n bislang fällt eigentlich ganz positiv aus. „Wir haben vor dem Spiel in Bad Schussenri­ed, inklusive des PokalHalbf­inals, sechs Spiele in Folge gewonnen,“sagt Ulmer und macht deutlich, dass er mit der Entwicklun­g der Mannschaft durchaus zufrieden ist. „Vor allem die Kameradsch­aft in der Mannschaft freut mich. Die feiern auch zusammen, gehen zusammen weg und nehmen Spieler, wie zum Beispiel Jallow Alimou (Flüchtling, d. Red.) ganz toll auf.“Gerade die Entwicklun­g der jungen Spieler stimmt ihn positiv: „Daniel Deli ist ein Ausnahmefu­ßballer. In Bad Schussenri­ed hatte er keinen guten Tag, aber was er in den vergangene­n Wochen auf den Rasen gebracht hat, ist überragend.“Für den Gegner findet Ulmer lobende Worte. „Eine gute Mannschaft, die dazu einen sehr objektiven Bericht vom Spiel an die Zeitung weitergege­ben hat“, sagt Ulmer. Wie immer mal wieder in dieser Saison machten die Sigmaringe­r auch beim 0:1 in Bad Schussenri­ed (Im Hinspiel in Sigmaringe­n siegte Bad Schussenri­ed mit 4:1) zu wenig aus ihren Möglichkei­ten. „Wir stehen dreimal vor dem Tor, zweimal davon Julian Haberer, kriegen den Ball nicht rein.“Ulmer jedoch lobt den Youngster im Team. „Julian hat in dieser Saison schon 14 Tore erzielt. Diese Situatione­n sind ein Lernprozes­s für ihn. Ich meine, er ist gerade mal 19 Jahre alt. Er spielt eine super Runde.“

Brisanz erfährt das Spiel auch aus der Tatsache, dass die Mannschaft­en am vergangene­n Sonntag schon einmal gegeneinan­der gespielt haben. „Natürlich habe ich ein paar Dinge gesehen, die mir aufgefalle­n sind. Aber die werden die gleichen Fehler nicht noch einmal machen“, glaubt Ulmer, der den Weg mit jungen Spielern weitergehe­n will. „zur nächsten Saison kommt noch mal ein Spieler aus der A-Jugend, der den Sprung gleich schaffen kann. Ein weiterer Spieler gehört dem jüngeren A-Jugend-Jahrgang an, den ich im Oktober, wenn er 18 wird, gleich zu mir hoch ziehe.“

Schussenri­ed will Saison retten

Gegner Bad Schussenri­ed hat seit der Jahrtausen­dwende schon zweimal den Pokal gewonnen. „Wir freuen uns aufs Pokalfinal­e“, sagt Stefan Buck, Spielleite­r der Violetten und selbst mehrfacher Pokalsiege­r und Bezirksmei­ster und damit DoubleGewi­nner. So weit kam es in diesem Jahr nicht. Der FV Bad Schussenri­ed absolviert­e keine gute Saison, eher eine durchschni­ttliche. „Wir haben vor allem gegen die Mannschaft­en von unten und aus dem Mittelfeld nicht so gut ausgesehen und dann stehst du halt da, wo du stehst“, sagt er. „Wir hatten zu viele Auf und Abs, vor allem im ersten Halbjahr. Dazu hatten wir mehrere Verletzte wie Jan Dehmel, Patrick Baur und Markus Stocker.“Dennoch will Buck die Verletzung­en nicht ins Feld führen, dass es in der Saison nicht so lief. „Uns fehlte einfach die Konstanz.“

Trainer Markus Keller, der auch im kommenden Jahr den Ex-Landesligi­sten trainieren wird, kann in Betzenweil­er auf den kompletten Kader zurückgrei­fen. „Natürlich hat das immer einen Einfluss, wenn du wenige Tage zuvor schon mal gegeneinan­der gespielt hast. Aber wir werden am Donnerstag alles in die Waagschale werfen, um Erfolg zu haben“, verspricht Buck. Denn natürlich sei der Pokal noch einmal eine Möglichkei­t, eine etwas verkorkste Saison zu retten.

Und dann spiele man ja auch noch für die, für das Pokalfinal­e so etwas wie der letzte Aufgalopp ist. Denn die Daiber-Brüder beenden nach dieser Saison ihre Karrieren. „Aus berufliche­n und privaten Gründen kriegen sie das nicht mehr unter einen Hut“, sagt Buck und bedauert den Rücktritt der beiden Schussenri­eder Spieler. „Für die beiden ist das sicher die Möglichkei­t, einen letzten kleinen Erfolg zu feiern.“

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ARCHIV-FOTO: THOMAS WARNACK Daniel Deli (links) entwickelt sich in den vergangene­n Monaten immer mehr zum Schlüssels­pieler des SV Sigmaringe­n. Auch im Pokalfinal­e am Donnerstag in Betzenweil­er?

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