Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Landgericht Stuttgart gibt Daimler recht
Streit mit der Deutschen Umwelthilfe um Abgaswerte: Keine Beanstandung von Werbung
(dpa) - Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft dem Autobauer Daimler immer wieder zu hohe Abgaswerte bei Dieselmodellen vor. Doch in einem Rechtsstreit mit Daimler hat sie nun eine Niederlage kassiert. Der Vorwurf irreführender Werbung ist nicht haltbar.
Wie lautet das Urteil?
Der Autobauer habe keine irreführende Werbung verbreitet, urteilte das Stuttgarter Landgericht am Donnerstag. Die Umwelthilfe hatte dem Konzern vorgeworfen, Verbraucher mit Werbung für Dieselmotoren der C-Klasse getäuscht zu haben. Dabei ging es unter anderem um die Aussage, dass die Stickoxid-Emissionen durch die Abgas-Nachbehandlung um bis zu 90 Prozent reduziert werden könnten. Die Umwelthilfe habe nicht dargelegt, was die Irritation der Verbraucher hervorrufe, so die Richter. Daimler hatte den Vorwurf der Verbrauchertäuschung zurückgewiesen. „Wir freuen uns, dass das Gericht unsere Rechtsauffassung teilt“, sagte eine Daimler-Sprecherin. Laut Urteil enthält die beanstandete Passage nach dem Verständnis eines normalen Verbrauchers nicht die Aussage, Emissionswerte auf den geringsten technisch möglichen Wert zu reduzieren, sondern nur auf das technisch machbare Minimum, was bei Daimler damals technisch möglich gewesen wäre.
Wie reagiert die Deutsche Umwelthilfe auf das Urteil?
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch ist überrascht und enttäuscht von der Entscheidung. In ähnlichen Verfahren habe sich die DUH bereits gegen Fiat und Opel weitgehend durchgesetzt. Es werde geprüft, Rechtsmittel einzulegen, sagte Resch weiter.
Wieso ging es eigentlich nur um die Werbung?
Für das fragliche Mercedes-Modell hatte die DUH im Februar 2016 einen Entzug der Typgenehmigung beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gefordert. Aber das KBA hatte den Wagen bei seiner Nachprüfung im April 2016 nicht beanstandet. Die Umwelthilfe kritisiert schon länger eine Einrichtung, die in einigen Motoren dafür sorgt, dass die Abgas-Nachbehandlung in bestimmten Temperaturbereichen heruntergeregelt wird – das sogenannte Thermofenster. Sie hatte in einem Gutachten diese Praxis für nicht rechtens erklären lassen.
Gibt es noch weitere Modelle, die die Umwelthilfe beanstandet?
2016 kritisierte die Deutsche Umwelthilfe die B-Klasse mit RenaultMotor, die bereits das KraftfahrtBundesamt bei seinen Nachtests im April beanstandet hatte. Zuletzt war den Öko-Lobbyisten auch der Smart zu schmutzig. Den neuesten Dieselmotor der Stuttgarter, der 2016 zunächst in die E-Klasse eingebaut worden war, lobte die Umwelthilfe indes. Er zeige, dass eine wirksame Abgasreinigung auch bei winterlichen Temperaturen technisch machbar sei. Die Tests des Vereins sind insofern schwierig zu bewerten, als die Modelle Vorgaben auf dem Prüfstand einhalten. Die Umwelthilfe verwendet allerdings auf der Straße gemessene Werte.
Ist das der einzige Rechtsstreit um Abgaswerte bei Daimler?
Nein. In Deutschland ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit möglichen Abgas-Manipulationen bei Dieselfahrzeugen „gegen namentlich bekannte und unbekannte Mitarbeiter der Daimler AG wegen des Verdachtes des Betrugs und der strafbaren Werbung“. In den USA haben Autobesitzer eine Sammelklage angestrengt und dem Hersteller manipulierte Werte des Schadstoffs Stickoxid sowie irreführende Werbung vorgeworfen. Das zuständige Gericht in Newark (Bundesstaat New Jersey) hat die Klage zunächst abgewiesen. Darüber hinaus leitete die Umweltbehörde Epa im Zuge der Klage eine Untersuchung ein. Das US-Justizministerium in Washington hatte den Hersteller aufgefordert, das Zustandekommen der offiziellen Werte in den USA selbst und unter Einbeziehung der Aufseher zu prüfen. Diese Untersuchung ist allerdings noch nicht abgeschlossen.