Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Am Federsee fühlt sich das Braunkehlchen noch wohl
Gezieltes Management verhindert das Aussterben
(sz) - Das Braunkehlchen ist so etwas wie das Maskottchen des Naturschutzes am Federsee: Während es andernorts in Mitteleuropa abnimmt, sind seine Bestände im Federseeried in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Warum das so ist, weiß Jost Einstein, der Leiter des Nabu-Naturschutzzentrums Federsee.
„Eigentlich gehört das Braunkehlchen zu den großen Verlierern der intensiven Landwirtschaft im westlichen Mitteleuropa. Aus großen, ehemals besiedelten Räumen ist es verschwunden. Hier dagegen hat es zugenommen“, berichtet Jost Einstein, der seit etwa 50 Jahren die Vogelwelt rund um den Federsee dokumentiert. Die Zunahme dieses hübschen Wiesenbrüters sei dem konsequenten Schutz und der gezielten Pflege seiner Lebensräume zu verdanken, so der Naturschützer.
Schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts galt der kleine Piepmatz als Charaktervogel des Federseerieds – mit damals 60 bis 80 Paaren. Heute nisten am Federsee bis zu 150 bis 230 Paare, die Hälfte des baden-württembergischen Bestands. „Das ist besonders bedeutsam, weil der großräumige Trend für diese Art steil abwärts geht“, resümiert Einstein.
Dabei sind die Ansprüche des Vogels gar nicht hoch: Magere Weisen, ausgedehnte Seggenriede und Feuchtwiesen mit lockerer Krautschicht sollen es sein. Und dazwischen: Sitzwarten in Form von vorjährigen trockenen Stängeln. Von diesen erhöhten Punkten aus erspähen die Braunkehlchen ihre Nahrung – Insekten aller Art –, singen und erkennen Feinde schon von weitem. Magere Brachflächen, die in mehrjährigem Rhythmus gemäht werden, sind bei den Braunkehlchen besonders beliebt.
Für das Biotopmanagement im Federseemoor dient das Braunkehlchen als Leitart. Das bedeutet: Wo es vorkommt, fühlen sich auch andere gefährdete Wiesenvogelarten und eine Fülle seltener Pflanzen, Insekten und anderer Tiere wohl. Eine zielgerichtete Pflege der Flächen schafft und erhält die entsprechenden Lebensräume. Ein weiterer wichtiger Hebel war die Renaturierung ehemals entwässerter Moorflächen. Die renaturierten Areale seien umgehend besiedelt worden, hat Einstein bemerkt. Wer flirtwillige Braunkehlchen beobachten möchte, kann das am besten im Naturschutzgebiet Südliches Federseeried tun. Im Frühjahr postieren sich die Kavaliere auf den Spitzen der Vegetation und singen ihre Minnelieder.