Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit Herzblut für Beethoven
Manfred und Rainer Honeck begeistern mit den Bamberger Symphonikern im Wolfegger Rittersaal
– Großer Jubel herrschte im ausverkauften Rittersaal von Schloss Wolfegg, als Manfred Honeck im Rahmen seiner Internationalen Wolfegger Konzerte gemeinsam mit seinem Bruder Rainer und den Bamberger Symphonikern zwei Hauptwerke von Beethoven musizierte. Sowohl das Violinkonzert als auch die dritte Symphonie, die „Eroica“, begeisterten in ihrer Frische und Unverbrauchtheit.
Sie sind gemeinsam in Vorarlberg und in Wien aufgewachsen, haben in der Familie und, zu der Zeit, als Manfred Honeck noch Bratscher der Wiener Philharmoniker war, im gleichen Orchester gespielt. Trotzdem ist ein gemeinsames Konzert von Rainer, dem Konzertmeister des Wiener Spitzenorchesters, und Manfred Honeck, dem weltweit agierenden Dirigenten, dem die Konzerte in Wolfegg so am Herzen liegen, sicherlich herausgehoben aus dem Musikeralltag. Zumal, wenn eines der Hauptwerke Beethovens, zugleich eines der anspruchsvollsten Violinkonzerte, auf dem Programm steht. Mit den Bamberger Symphonikern, denen er seit vielen Jahren eng verbunden ist, gestaltet Manfred Honeck den Orchesterpart mit blühenden Bläserbögen, die in der Akustik des Rittersaals prächtig herauskommen, und geschärften dynamischen Kontrasten. Das Motiv der vier Paukenschläge, welches das Konzert eröffnet und das sich auch in den Streichern und Bläsern durchzieht, wird zum prägenden Element.
Mit feinem, zunächst zurückhaltendem und immer freier werdendem Geigenton schwingt sich Rainer Honeck hinauf, wird getragen vom Orchester, korrespondiert mit den Stimmen und musiziert wunderbar natürlich, fern aller solistischer Selbstdarstellung. Die Spannung wächst mit der Solokadenz, für die er die von Beethoven selbst komponierte wählt: Beethoven, von Haus aus Pianist, hatte vom Violinkonzert selbst eine Version als Klavierkonzert erstellt und sich dafür Kadenzen geschrieben, die die Pauke als Duettpartner des Soloinstruments einbezieht. Der österreichische Geiger Wolfgang Schneiderhan hatte diese Kadenz auf die Violine übertragen. Im Dialog von Rainer Honeck und dem Paukisten der Bamberger Symphoniker entwickelt sich diese Kadenz mit ihren in weiten Bögen virtuos geführten Figuren zu einer dramatischen Schlachtenmusik. Vor deren Hintergrund wirkt der Schluss des Satzes und der wunderbare langsame Satz umso lyrischer und versöhnlicher. Das Finale wird zu einem rundum musikantischen, von allen liebevoll gestalteten Freudentanz.
Emotionen hautnah zu erleben
Natürlich ist auch Beethovens „Eroica“unter dem leidenschaftlichen Dirigenten und dem mit Herzblut musizierenden Orchester kein routiniert abgespultes Repertoirestück. Da heißt es Ohren spitzen für spannende Übergänge, für hervorgehobene Mittelstimmen und geschärfte Spannungsakkorde. Im ungeheuer dicht gefügten Trauermarsch sind Tragik, Erschütterung, Trost und Hoffnung eng verbunden, Beethovens Emotionen – die Enttäuschung über Napoleon – sind hautnah zu erleben. Im Scherzo mit seinen brillanten Hornsoli scheinen die überlebensgroßen Ritterfiguren im Saal mitzutanzen. Das Finale, einen Variationensatz über ein Kontratanzthema, gestaltet Honeck höchst fantasievoll, differenziert in der Dynamik und in der Gewichtung, erhaben im eingeschobenen Adagioteil und mit ungebrochener Energie im letzten Abschnitt. Mit dem freundlich charmanten Perpetuum mobile aus Haydns Sinfonie Nr. 88 verabschiedeten sich die Künstler, die am Sonntag noch das Kirchenkonzert gestalteten.