Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
An den Gesetzen liegt es nicht
Die Attacken von Flüchtlingen in Ansbach und Würzburg liegen ein Jahr zurück, der Fall Anis Amri mehr als sieben Monate. Sind seitdem noch immer nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen worden? Diese Frage drängt sich auf nach der Messerattacke in Hamburg. Auch wenn die genaue Motivlage des 26-jährigen Palästinensers noch unklar ist: Seine islamistische Radikalisierung war bekannt. Doch die Warnungen aus seinem Umfeld ließen bei den Ermittlern nicht die Alarmglocken schrillen. Auch, dass der Ausreisepflichtige wegen der nahenden Abschiebung besonderen Druck empfunden haben muss, blieb außer Acht. Das neue Bewertungssystem zur Beurteilung islamistischer Gefährder kam offenbar nicht zur Anwendung. Doch wenn die Behörden von ihren Möglichkeiten keinen Gebrauch machen, droht ein massiver Vertrauensverlust der Bürger, das Gefühl der Unsicherheit wird weiter zunehmen. Das ist Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die den Rechtsstaat als unfähig betrachten und Fremdenfeindlichkeit und Angst schüren.
Das Gesetz zur Durchsetzung der Ausreisepflicht ausländischer Gefährder ist gerade in Kraft getreten. Es ist allerhöchste Zeit, das Vollzugsproblem der Behörden anzugehen und für ausreichend Personal zu sorgen, um die Gesetze, die Menschen vor extremistischen Gewalttätern schützen sollen, auch anzuwenden zu können.