Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tesla gegen den Rest der Welt
US-Elektro-Spezialist fordert mit seinem Model 3 die globale Autoindustrie heraus
(dpa) - Elon Musk weiß, wie man einen Rockstar-Auftritt hinlegt. Zu lauter Musik rast der TeslaChef mit einem roten Exemplar seines ersten günstigeren Wagens Model 3 auf die Bühne, springt raus und lässt sich von seinen Mitarbeitern feiern. Der Anlass ist ein Meilenstein für Tesla: Die ersten 30 Model 3 werden nach einem Monat Serienproduktion an ihre Besitzer übergeben – allesamt Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Die Zeremonie am Tesla-Werk im kalifornischen Fremont läutet ein neues Kapitel in einem der spannendsten Duelle ein, die heute die Wirtschaft zu bieten hat: Tesla gegen den Rest der Autoindustrie. Eine Firma aus dem Silicon Valley, die früh komplett auf Elektromobilität setzte und von Autobossen zunächst als Exot mit mickrigen Produktionszahlen im für die weitaus meisten Menschen unerschwinglichen Luxussegment abgetan wurde. Stattdessen hieß es von ihnen stets, der Verbrennungsmotor habe sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft.
Doch inzwischen weht in der Branche ein anderer Wind. Nachdem der als Effizienzwunder gepriesene Diesel mit dem Abgasskandal in Verruf geriet, wird offensichtlich, dass die strengen Umweltvorgaben für die Fahrzeugflotten ohne mehr Elektroautos kaum zu schaffen sind. Die Hersteller kündigen einen Wagen mit Stromantrieb nach dem anderen an.
Für Tesla wird es also künftig nicht mehr darum gehen, mit einigen zehntausend Wagen im Jahr zahlungskräftige Enthusiasten zu begeistern, sondern gegen die geballte Kraft der Autoindustrie mit einer Vielzahl von Modellen, Designvarianten und der traditionellen Markenbindung von Kunden anzutreten.
Anleger glauben an Musks Vision
Das Model 3 ist der Wagen, der Tesla in einen breiteren Markt bringen soll. Und angesichts der Vorreiterrolle der Kalifornier dürfte auch der Fortschritt der Elektromobilität am Erfolg dieses Fahrzeugs gemessen werden. Milliarden steckte Musk in den Ausbau der Produktionsanlagen und der Batteriefertigung. Eine riesige Wette. Wenn sie aufgeht, wird Tesla in Fremont jährlich eine halbe Million Model-3-Wagen und rund 100 000 der größeren und teureren bisherigen Fahrzeuge Model S und Model X bauen. Anleger glauben an Musk: Tesla ist trotz überschaubarer Stückzahlen der wertvollste US-Autohersteller an der Börse.
„Es war nie unser Ziel, teure Wagen zu bauen“, betont Musk. Das habe sich nur so ergeben, weil die Elektrowagen zunächst nicht günstiger zu produzieren gewesen seien. Und jetzt finanzierten die Käufer von Model S und Model X das günstigere neue Modell für 35 000 Dollar mit. Entscheidend ist im Moment vor allem die Frage, ob Tesla den massiven Produktionssprung von rund 84 000 Fahrzeugen 2016 auf 500 000 im kommenden Jahr sauber hinbekommt. „Die Nachfrage ist hier nicht das Problem“, merkt Musk trocken mit Blick auf die halbe Million Vorbestellungen für das Model 3 an. Im ersten Produktionsmonat Juli wurden 50 Fahrzeuge gebaut, 20 von ihnen behält Tesla für Tests ein. Im September sollen 1500 Wagen produziert werden, auch mit 20 000 Fahrzeugen im Monat von Dezember an wird es lange dauern, die Warteliste abzuarbeiten. Wer jetzt bestellt, muss bis Ende 2018 warten, sagt Musk. Nach Deutschland dürfte es kaum ein Model 3 vor dem kommenden Jahr schaffen.