Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unechte Teilortswa­hl bleibt

Knappes Votum des Riedlinger Gemeindera­ts – Bürgerents­cheid ist damit vorerst vom Tisch

- Von Bruno Jungwirth www.schwaebisc­he.de/utw

Knappes Votum im Riedlinger Rat – Bürgerents­cheid vorerst vom Tisch.

RIEDLINGEN - Die Unechte Teilortswa­hl (UTW) in Riedlingen bleibt erhalten. In einer knappen Entscheidu­ng hat sich der Gemeindera­t bei 13 zu 12 Stimmen (eine Enthaltung) für die Beibehaltu­ng der UTW ausgesproc­hen. Damit haben die Riedlinger Ortsteile auch bei der nächsten Kommunalwa­hl 2019 garantiert­e Sitzzahlen im Gremium. Ein von der Verwaltung avisierter Bürgerents­cheid ist damit hinfällig.

„Unechte Teilortswa­hl“klingt sehr nüchtern und bürokratis­ch. Doch dass das Thema auch Emotionen birgt, wurde beim Blick in den Sitzungssa­al deutlich: Rund 30 aktuelle und ehemalige Ortschafts­räte saßen auf den Besucherst­ühlen, um der Debatte zu folgen.

In seinen einführend­en Worten blickte Bürgermeis­ter Marcus Schafft auf die Anfänge zurück. Mit der Eingemeind­ung der Teilorte Anfang der 70er wurde den Ortsteilen eine feste Anzahl von Sitzen im Gemeindera­t zugesagt, um ihnen eine Stimme im Rat zu garantiere­n. Doch nun, nach über 40 Jahren, lautet für ihn die Frage: „Ist es erforderli­ch, dass Ortsteile feste Sitze haben sollen?“, so Schafft. Es gehe nicht darum, die Ortschafts­räte und die Ortsverwal­tungen abzuschaff­en. Im Gegenteil: Sollte es eine Entscheidu­ng pro Abschaffun­g geben, schlug die Verwaltung vor, die Ortsgremie­n zu stärken, indem deren Befugnisse gestärkt werden sollen. Die Beibehaltu­ng oder Abschaffun­g der UTW sei weniger eine „Rechts-, als viel mehr eine Vertrauens­frage“, so Schafft. „Sind wir nicht schon so lange zusammen, dass wir auch mit allgemeine­m Wahlrecht positive Ergebnisse erzielen können?“, fragte er.

Die Gremien in den Teilorten haben diese Frage negativ beantworte­t. Die Ortschafts­räte haben sich in ihren Beratungen einhellig für die Beibehaltu­ng der UTW entschiede­n. „Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif “, sagte Franz-Martin Fiesel, Gemeindera­t aus Daugendorf. Und Neufras Ortsvorste­her Hermann Hennes formuliert­e einen alternativ­en Beschlussv­orschlag, der mit anderen Fraktionen im Vorfeld abgestimmt worden war: Er schlug vor, den Punkt von der Tagesordnu­ng zu nehmen und sich erst für die Wahlperiod­e 2019 bis 2024 damit zu befassen, um gegebenenf­alls Änderungen für die Wahlperiod­e 2024 bis 2029 einzuleite­n. Die Begründung: Bei einem Wegfall der UTW sind umfangreic­he Neuregelun­gen in der Hauptsatzu­ng notwendig. Angesichts der anstehende­n Neubesetzu­ng im Hauptamt und der Fluktuatio­n sind für diese arbeitsint­ensive Umstellung die Kapazitäte­n nicht vorhanden. Auch äußerte er Zweifel, dass die Vorschläge zur Stärkung der Ortsgremie­n (eigenes Budget, erweiterte Befugnisse) die möglicherw­eise wegfallend­en Sitze im Rat ausgleiche­n. Dorothea Kraus-Kieferle und Josef Martin sprachen sich im Namen ihrer Fraktionen für diesen interfrakt­ionellen Vorschlag aus.

Bürgermeis­ter Marcus Schafft nahm den Antrag zur Kenntnis. Doch Franz-Martin Fiesel

zunächst ließ er über die Variante A des Verwaltung­svorschlag­s abstimmen: „Der Gemeindera­t ist für die Beibehaltu­ng der Unechten Teilortswa­hl.“Dies sei der weiterführ­ende Antrag, so Schafft. Doch dies führte zu einer gewissen Verwirrung unter den Räten, was Manfred Schlegel dann Schafft auch vorwarf. Das Ergebnis war knapp, aber eindeutig: 13 Ratsmitgli­eder stimmten mit „Ja“und damit für die Beibehaltu­ng der UTW, zwölf dagegen, einer enthielt sich. „Das ist besser gelaufen, als wir gedacht hatten“, sagte hernach einer der Ortschafts­räte – wohl auch deshalb, weil sieben Stadträte aus dem Kernort bei der Sitzung fehlten.

Darunter waren auch vier, die diese Diskussion erst ins Rollen gebracht hatten. Denn vor Monaten hatten zehn Räte einen interfrakt­ionellen Antrag eingebrach­t, dass die UTW für die nächste Wahl 2019 abgeschaff­t werden soll. Dem waren dann umfangreic­he Informatio­nsgespräch­e auch mit externen Moderatore­n und den Beratungen in den Ortsgremie­n gefolgt. Die Verwaltung hatte zudem vorgeschla­gen, dass dazu ein Bürgerents­cheid stattfinde­n solle. Als Termin war der 3. Dezember ins Auge gefasst worden. Doch dies ist nun, nach diesem Ratsbeschl­uss, hinfällig. Allerdings besteht weiterhin die Möglichkei­t, dass Bürger über ein Bürgerbege­hren einen Bürgerents­cheid erzwingen. Dafür sind allerdings 600 Unterschri­ften notwendig.

Die UTW ist in Riedlingen schon lange in der Diskussion. Der ehemalige, langjährig­e Stadtrat Ulrich Widmann, hat sich in vielen Einlassung­en für die Abschaffun­g der UTW stark gemacht. Hauptargum­ent: die „Unechte Teilortswa­hl führt gerade in Riedlingen zu einer gravierend­en Unterbzw. Überrepräs­entation von über 40 Prozent“, weil ein Ratsmitgli­ed aus Riedlingen deutlich mehr Stimmen einsammeln muss, um gewählt zu werden, als in einem Teilort. Das widersprec­he dem Gleichheit­sgrundsatz. Außerdem blähe es das Gremium auf.

Ein Video zum Ratsbeschl­uss finden Sie auch unter

„Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif.“

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FOTO: DPA
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ARVCHIVFOT­O: DPA/METZGER Auch bei der Kommunalwa­hl 2019 wird in Riedlingen nach dem System der Unechten Teilortswa­hl abgestimmt.

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