Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
An Bad Buchaus schönstem Arbeitsort
Michael Beck ist Kassierer und die gute Seele auf dem Federseesteg
Michael Beck ist Kassierer und die gute Seele auf dem Federseesteg.
BAD BUCHAU - An ihm kommt in Bad Buchau keiner vorbei. Ob Tourist oder Einheimischer, wer Buchaus Sehenswürdigkeit Nummer eins betritt, den Federseesteg, der muss Michael Beck in seinem Kassenhäuschen passieren. Doch der 52-jährige Buchauer ist mehr als nur Kassierer. Er ist Auskunftsstelle, Reise- und Naturführer, Eisverkäufer, Botschafter der Stadt – kurzum: die gute Seele des Stegs.
Der Himmel zeigt sich wolkenverhangen. Der kühle Herbstwind wirbelt die ersten bunten Blätter auf. Michael Beck sitzt in seinem Kassenhäuschen und zieht den Reißverschluss seiner Trainingsjacke etwas höher. Alle Anzeichen deuten auf einen ruhigeren Tag hin. In den letzten sonnigen Ferientagen sei dagegen noch einmal richtig viel los gewesen, berichtet der Kassierer des Federseestegs. „Da kam morgens gleich ein ganzer Bus mit 30, 40 Leuten.“
Der Federseesteg gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen in der Region. Auch wenn ihm in Bad Buchau langsam der Wackelwald den Rang streitig macht. Knapp 63 800 Besucher hat die Stadt 2016 verzeichnet: Tagestouristen und Kurgäste; Spaziergänger, die sich auf dem 1486 Meter langen Holzsteg kurz die Beine vertreten genauso wie Vogelkundler, die den ganzen Tag hier verbringen.
Auch an diesem Tag bleibt Michael Beck trotz trübem Herbstwetter nicht lange alleine. Jeder Besucher, der sein Häuschen passiert, erfasst der städtische Mitarbeiter mit einer Zähltaste an seiner Kasse: Erwachsene, Kinder und auch diejenigen, die den Steg kostenlos nutzen dürfen. Die Buchauer Bürger sind nämlich von der Steggebühr befreit, genauso wie die Kurgäste, die dafür ihren Gästeausweis vorlegen müssen.
So wie Margit Lippmann. Die Göppingerin und ihr Mann kommen schon seit mehr als zehn Jahren regelmäßig zum Kurzurlaub nach Bad Buchau. Das „ganze Flair“gefalle ihr hier, sagt Lippmann – und auch die langen Spaziergänge den Steg hinaus. „Man atmet da irgendwie Ruhe ein. Und ich liebe Wasser über alles.“Auch ihre Freunde machen mittlerweile Urlaub am Federsee, erzählt Lippmann. Auf ihre Empfehlung hin. „Das ist recht“, lobt Beck und lacht. „Mund-zu-Mund-Werbung ist die beste Werbung.“
Doch dafür sorgt auch Beck selbst. Das Kassenhäuschen ist so etwas wie eine Außenstelle der Tourist-Info – und Beck Botschafter Bad Buchaus. Viele Touristen steuern gezielt den Steg an, das Federseemuseum oder den Wackelwald. Ein Abstecher in die Stadtmitte ist da – leider – nicht immer drin. Für sie ist das Kassenhäuschen erste und oftmals einzige Anlaufstelle. Von Beck erhalten sie Auskünfte aller Art, Prospekte und Hinweise auf weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt. Und so manches freundliche Wort. Mit den Stegbesuchern zu plaudern, das liegt dem früheren Buchauer Fußballtrainer, der einst auch im Kanzacher Club „Go-In“aufgelegt hat.
Wer als Hüter des Federseestegs arbeitet, der muss aber auch die Stille aushalten können. Wenn es kalt und regnerisch ist und sich kaum ein Besucher auf den Steg verirrt. Für solche Zeiten hat Beck das Fernglas seines Großvaters immer griffbereit. „Wenn’s langweilig wird, dann liegt’s an dir selber.“Auf dem Steg gebe es schließlich so viel zu beobachten. Und jede Jahreszeit entfalte ihre eigenen Reize. „Jetzt ist die Bartmeise gerade das Highlight“, sagt Beck und verweist auf das Foto eines hübschen, schilfbraunen Vogels mit blauem Kopf und eigentümlicher schwarzer Zeichnung am Schnabel. Das Wissen um die Tier- und Pflanzenwelt am Federsee hat sich der gelernte Sportund Fitnesskaufmann mit der Zeit aus Büchern angeeignet oder direkt von den Experten des nahen Nabu-Zentrums. „Man lernt jeden Tag dazu. Und du musst ja Bescheid wissen, wenn die Leute fragen.“Früher sei das freilich anders gewesen. Bevor er 2007 mit seiner Tätigkeit an Bad Buchaus schönstem Arbeitsort begann, habe er wenig darüber gewusst, wie schön und außergewöhnlich die Natur am Federsee ist. Wie wohl viele Buchauer, fügt der 52-Jährige schmunzelnd hinzu. Inzwischen aber gibt es für Beck kaum etwas Schöneres, als an einem Spätnachmittag im Winter vom Aussichtsturm aus zu beobachten, wie die Kornweihen einfliegen und ihre Schlafplätze aufsuchen. „Da macht mich richtig happy.“
Viel Zeit für Naturbeobachtungen bleibt an diesem Tag wohl nicht. Mit Franz Luxenhofer nähert sich einer der Steg-Stammgäste dem Kassenhäuschen. Diesmal hat der Dürnauer seine Familie mitgebracht: Frau Martha, Tochter Andrea und die Enkel Benedikt (11) und Tim (8). Gemeinsam wollten sie die Tiere beobachten und hofften auf viele Schwäne, sagt Luxenhofer und bedauert, das Fernglas vergessen zu haben. Beck hilft lachend aus. „Deshalb gefällt’s mir hier“, meint der Dürnauer. „Die Ruhe, die Wasservögel – und dann immer ein freundliches Gespräch mit dem Michael. Das freut mich jedes Mal.“