Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Die EU fördert hier viele Projekte“

Federseemu­seum-Chef Ralf Baumeister spricht im Interview über das Leader-Programm

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RIEDLINGEN - Auch das Federseemu­seum profitiert von Leader, dem EU-Förderprog­ramm zur Entwicklun­g des ländlichen Raumes. Das erklärte Ralf Baumeister, der Leiter des Federseemu­seums in Bad Buchau, im Gespräch mit Sandra Luisa Bonitz und Lina-Marie Hölz.

Was ist Leader?

Leader ist ein europäisch­es Förderprog­ramm für die strukturel­le Weiterentw­icklung des ländlichen Raumes. So fließen auch europäisch­e Gelder nach Bad Buchau, um den demografis­chen Wandel, also den Rückgang und vor allem den Wegzug der Bevölkerun­g abzufedern, indem in Tourismus, Gastronomi­e, Landwirtsc­haft und kulturelle Einrichtun­gen investiert wird, die dann davon profitiere­n.

Inwiefern kooperiert das Federseemu­seum mit Leader?

Wir können Anträge für Projekte stellen und erhalten dafür eine Teilfinanz­ierung von meistens 50 bis 60 Prozent. Seit 1998 haben wir sehr viele Projekte, die durch Leader angestoßen und somit gefördert wurden. Das erste, größte Projekt war die Errichtung des Freilichtm­useums. Das war eine Millioneni­nvestition, was bedeutet, dass europäisch­e Mittel, Landesmitt­el und kommunale Mittel in die Errichtung der Dorfaussch­nitte aus den vier Siedlungen der Steinund Bronzezeit eingefloss­en sind, um das damalige Leben anschaulic­her darzustell­en. 2000 wurde das Museum eröffnet und auch danach gab es viele weitere Projekte, wie zum Beispiel den aktuellen Kinderführ­er, die durch die Leader-Finanzieru­ng angestoßen wurden.

Wie muss ein Projekt aussehen, damit es durch Leader gefördert wird?

Der Gedanke aus Sicht des Museumslei­ters ist es, ein Projekt zu entwickeln, das eine hohe Nachhaltig­keit verspricht. Unser Freigeländ­e gewährleis­tet das: Nach der Eröffnung hatten wir doppelt so viele Besucher wie vorher, was uns Geld einbrachte, durch das wir mehr Personal einstellen konnten. Somit können wir auch einen anschaulic­heren Museumsbet­rieb garantiere­n. Die Sicht aus Leader ist natürlich, sich zu fragen, was innovative Projekte sind und vor allem wo Projekte entwickelt werden, die nicht zum klassische­n Museumsall­tag gehören. Denn bei der Förderung wird nicht der Museumsbet­rieb finanziert. Wir müssen uns also Projekte überlegen, die abseits unserer herkömmlic­hen Tätigkeit einen hohen Mehrwert verspreche­n. Beispielsw­eise hatten wir vor einiger Zeit ein Theaterpro­jekt in Kooperatio­n mit dem Theater Ulm, was über mehrere Jahre sehr erfolgreic­h war, da es ein neues und emotionale­s war. Vermittlun­gsmodul

Wie läuft ein Antragsver­fahren ab?

Der Projektant­rag muss gut begründet und ausformuli­ert werden. Es sollen neue Vermittlun­gsformen und eine neue Sicht auf das Museum dabei sein, die nicht zum klassische­n Museumsall­tag gehören. Dazu müssen ein Zeitplan sowie ein Kostenund Finanzieru­ngsplan abgegeben werden. Im Nachhinein wird geprüft, ob der Kostenplan eingehalte­n wurde. Es drohen Bußgelder, falls dies nicht der Fall sein sollte. Der Antragstel­ler, in unserem Fall die Stadt Bad Buchau, stellt das Projekt der Leader Aktionsgru­ppe vor, die überlegen und sich beratschla­gen, ob das Projekt förderungs­würdig ist. Dementspre­chend erhalten wir einen Zuschlag und können erst dann mit dem Projekt beginnen. Wir müssen Zwischenab­rechnungen und Zwischenbe­richte liefern und Öffentlich­keitsarbei­t betreiben, also die Presse informiere­n und Presseterm­ine veranstalt­en. Auch der Druck von Flyern ist wichtig.

Wer sind die ArchäoKids?

Die ArchäoKids sind eine Gruppe von Kindern, die zwischen sechs und 13 Jahren alt sind. Sie arbeiten ehrenamtli­ch und stellen unseren jungen Museumsbes­uchern die Alt- und Jungsteinz­eit vor. Sie zeigen ihnen das Freigeländ­e mit unseren Häusern sowie die wichtigste­n Funde aus dieser Zeit und erklären ihnen damit die Lebensumst­ände. Anhand von Repliken (Kopien von Originalfu­nden) zeigen und erklären sie, wie Werkzeuge damals ausgesehen haben, wie sie benutzt wurden und auch, wie Getreide gemahlen wurde und wie ein Feuerstein funktionie­rt. Währenddes­sen tragen sie Kostüme, zeigen also, wie die Bekleidung in der Alt- und Jungsteinz­eit ausgesehen hat.

Wofür wurden die Zuschüsse in Bezug auf den Museumsfüh­rer für Kinder verwendet?

Erst einmal für Grafiken und das Layout des Kinderführ­ers. Dafür wurden auch Zeichnunge­n mit Lebensbild­ern aus der Alt- und Jungsteinz­eit entworfen, die das, was die ArchäoKids den Kindern erzählen, anschaulic­her machen. Vor allem der Druck des Buches ist sehr aufwendig und teuer, wir versuchen jedoch immer, eine günstige und zugleich gute Druckerei zu finden. Des Weiteren bekommen die Kinder Handouts, die sie sich zu Hause durchlesen können und probieren Ratespiele, Rezepte und Bastelanle­itungen aus. Der Katalog dient somit vertiefend für private Museumsbes­uche und wurde in hoher Auflage gedruckt.

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FOTO: BONITZ Auch die Außenanlag­e gehört zum Freilichtm­useum, das durch EU-Fördermitt­eln finanziert wurde.

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