Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Dem Glück immer hinterher
Steven Soderbergh kehrt mit der gelungenen Gaunerkomödie „Logan Lucky“zurück
Im Musikgeschäft ist das Prinzip wohlbekannt: Ein Künstler verkündet sein Karriereende, geht auf große Abschiedstournee – um dann einige Jahre später wieder auf die Bühne zurückzukehren. Bei Steven Soderbergh ist Ähnliches zu verzeichnen, die Motivation für die beiden Schritte aber glaubhafter als bei manchem Kollegen. Nach „Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll“verkündete der Regisseur 2013 seinen Abschied aus dem Filmgeschäft aus Frustration über dessen Mechanismen und den ewigen Kampf um Finanzierung seiner Projekte. Nun hat der Amerikaner allerdings einen Weg gefunden, seine Filme erfolgreich zu finanzieren, ohne sich mit den Hollywood-Studios herumärgern zu müssen. Den zweiten Grund für das Comeback muss man dagegen nicht ganz so ernst nehmen: Soderbergh schwärmt vom Drehbuchdebüt der Autorin Rebecca Blunt. Allerdings wird gemunkelt, dass dies nur ein Tarnname für seine eigene Frau Jules Asner ist.
Hinter dieser reizvollen Hintergrundgeschichte verbirgt sich ein hochgradig unterhaltsamer Film. Soderbergh beweist wieder, dass er das Potenzial eines prominent besetzten Ensembles auszuschöpfen weiß. Die Räubergeschichte „Ocean’s Eleven“war der bislang erfolgreichste Film des Regisseurs, und „Logan Lucky“bietet gewissermaßen die Arbeiterklassen-Version des Genres.
Im Mittelpunkt stehen die beiden Logan-Brüder, denen im Gegensatz zum Filmtitel bislang wenig Glück beschieden war. Vielmehr bekommen sie immer wieder zu hören, dass wohl ein Fluch auf ihrer Familie liege. Da könnte was dran sein, denn Jimmy (Soderbergh-Stammspieler Channing Tatum) stand einst vor einer vielversprechenden Karriere als Football-Spieler, die aber durch eine Verletzung abrupt beendet wurde. Nun verliert er auch noch seinen Job als Bauarbeiter auf dem Charlotte Motor Speedway. Und seine Ex-Frau Bobbie Jo (Katie Holmes) will mit der gemeinsamen Tochter und neuem Mann in eine weiter entfernte Stadt ziehen. Sein Bruder Clyde (Adam Driver) arbeitet derweil als Bedienung in einer Bar, seitdem er bei einem Einsatz als Soldat im Irakkrieg einen Teil seines linken Armes verloren hat.
Die Zukunft sieht also eher düster aus, aber Jimmy und Clyde wollen das Glück noch einmal herausfordern. Denn während seiner Arbeit in den Tunneln unterhalb der Rennstrecke hat Jimmy beobachtet, wie die Bargeld-Einnahmen dort über ein Rohrpost-System transportiert werden. Gemeinsam mit der jüngeren Schwester Mellie (Elvis-Enkelin Riley Keough) planen sie deshalb einen komplexen Raubzug. Dafür benötigen sie die Hilfe von Tresorknacker Joe Bang (Daniel Craig) – und lassen sich auch nicht davon abhalten, dass dieser zum Zeitpunkt des Raubes noch im Gefängnis sitzt.
Ansammlung schräger Charaktere
Solche „heists“, wie das Raubüberfall-Genre im Englischen heißt, werden im Kino mittlerweile als HighTech-Unternehmungen gezeigt. Das Team von „Logan Lucky“geht den umgekehrten Weg: Hier wird mit einfachsten Mitteln gearbeitet, auch Gummibärchen können in der richtigen Mixtur zum Werkzeug werden. Das trägt dazu bei, dass der Zuschauer, diversen Wendungen zum Trotz, weitgehend den Überblick behält.
So bleibt genügend Raum, um sich an der Ansammlung schräger Charaktere zu erfreuen. Diese kommen klar aus der unteren Gesellschaftsschicht. Soderbergh setzt sie aber mit sichtlicher Sympathie in Szene. Vor allem Bond-Darsteller Craig hat erkennbar Freude daran, mal den Smoking gegen Häftlingskleidung zu tauschen. Zudem sind viele der Nebenfiguren prominent besetzt, darunter Hilary Swank als FBI-Agentin. Ihre Rolle öffnet auch den Weg für eine mögliche Fortsetzung. Es wäre spannend zu sehen, wie es mit dem Glück bei den Logans weitergeht.
Logan Lucky. Regie: Steven Soderbergh. Mit Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig. USA 2017. 118 Minuten. FSK ab 12.