Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Närrisches Wahrzeichen für Heudorf
Schelmenzunft gestaltet Trafostation zu Schelmenturm um – Konzept von Konrad Braun
HEUDORF - Die nächste Fasnet wird in Heudorf eine ganz Besondere werden: Zum einen feiert die Schelmenzunft ihr 70-jähriges Bestehen, zum anderen präsentiert man das neue närrische Wahrzeichen des Dorfes der Öffentlichkeit: den Schelmenturm. Die Arbeiten an der ehemaligen Trafostation am Ortsausgang Richtung Burgau laufen derzeit auf Hochtouren.
Wie gut, dass Jochen Beck, Säckelmeister der Schelmenzunft, vor einigen Jahren die Trafostation neben seinem Grundstück in Heudorf gekauft hat. Schon länger außer Betrieb gesetzt, sollte sie damals von der EnBW abgerissen werden. Doch nun wird etwas Einzigartiges daraus: Ein Schelmenturm für die Schelmenzunft, ein Symbol für die Heudorfer Fasnet. Und nicht nur das: Das Konzept, das der Heudorfer Künstler Konrad Braun entworfen hat und umsetzt, sieht auch vor, die Geschichte der Zunft zu erzählen.
Los geht es mit der Tür. Sie besteht aus Metall, soll aber durch eine Eichentür ersetzt werden, an der die Zunftmitglieder gerade werkeln. An ihr angebracht wird eine Betonplatte, die das ursprüngliche Wappen des 1948 gegründeten Narrenvereins als Relief zeigt. Und auch der damalige Narrenruf ist darauf zu lesen: „Jo wa saischt au.“
Direkt darüber soll das heutige Wappen der Schelmenzunft erstrahlen, ebenfalls als Beton-Relief-Platte. Noch ein Stockwerk höher schellt der Büttel als lebensgroße Plastik zur Fasnet. Oben unter dem Dach schaut dann ein Narrenrat aus dem Fenster und zeigt auf den Schriftzug des aktuellen Narrenrufs „Ätsche-Gätsche“.
Schelmen als zentrale Figuren
„Die Schelmen sind zentral“, erklärt Künstler Konrad Braun. Zwar sind sie erst 1976 erstmals als Maske bei der Heudorfer Fasnet aufgetaucht, prägten aber die Zunft und sind heute ihr Gesicht. Sie zieren – ebenfalls als lebensgroße Plastiken – die Seitenfenster etwa in der Mitte des Turms. Die gegenüberliegenden Seitenfenster unter dem Dach sind dem Bären und seinen zwei Treibern sowie der Garde vorbehalten. Letztere prägste die Anfänge des Narrenvereins. Denn die Gardeuniform war das erste einheitliche Häs.
Bis auf eine hat Braun bereits alle Plastiken und auch die beiden BetonReliefs fertiggestellt. Nächster Schritt ist dann die Bemalung. Sobald alle Figuren bereit zur Montage sind, wird der Turm von den Zunftmitgliedern noch frisch gestrichen, wie Zunftmeister Harald Burgmaier erklärt. Direkt danach werden die Figuren montiert.
„Der Turm soll fertig werden, bevor es richtig kalt wird“, betont Konrad Braun. Daher ist eine Fertigstellung vor dem 11.11., dem Beginn der fünfen Jahreszeit, recht wahrscheinlich. Eingeweiht wird das neue närrische Wahrzeichen aber erst zum Zunftjubiläum – vermutlich am Nachmittag des 27. Januar nach dem Narrenbaumstellen. Ein endgültiges Programm gibt es aber derzeit noch nicht.
Turm statt Brunnen
Die Idee, die alte Trafostation für die Zunft zu nutzen, kam von dessen Besitzer Jochen Beck selbst. Früher schon hatten die Narren über einen Narrenbrunnen nachgedacht, den Gedanken aufgrund der immensen Kosten aber wieder verworfen. „Wir als kleiner Verein können das nicht stemmen“, sagt Zunftmeister Burgmaier. Die Idee mit dem Turm stieß deshalb auf Interesse.
Also ging Beck auf Konrad Braun zu und fragte ihn, ob er sich nicht vorstellen könne, irgendetwas aus dem Turm zu machen. „Da lag ein Schelmenturm nahe“, erzählt der Künstler. Nachdem er das Konzept und ein Modell erstellt hatte, stattete er gemeinsam mit Beck und Zunftmeister Rainer Hölz dem Dürmentinger Gemeinderat im Dezember 2016 einen Besuch ab. Die Drei stellten das Projekt vor und baten um finanzielle Unterstützung. Denn auch ein Schelmenturm kostet Geld – wenn auch nicht so viel wie ein Narrenbrunnen.
„Das war quasi ein Durchläufer“, erinnert sich Braun. Einstimmig beschlossen die Räte, dass die Gemeinde ein Drittel der Kosten trägt – begrenzt auf einen Maximalbetrag von 3500 Euro. „Der Turm wertet den Ortseingang auf und ist ein sichtbares Zeichen für die Pflege des heimischen Brauchtums“, sagt Bürgermeister Dietmar Holstein.
Die Gesamtkosten liegen bei rund 14 000 Euro. „Von daher waren wir gottfroh, dass es im Gemeinderat so Anklang gefunden hat“, betont Zunftmeister Burgmaier. „Das war für uns der ausschlaggebende Grund dafür, das Projekt zu verwirklichen.“Hinzu kommen die Erlöse aus dem „Schelmenwurst“-Verkauf beim Weihnachtsmarkt im Schlosshof und während der Fasnet sowie ein Zuschuss aus dem VR-Gewinnsparen der Volksbank-Raiffeisenbank Riedlingen. „Aber wir sind auch angewiesen auf Spenden“, sagt Burgmaier. Nach jetzigem Stand muss die Schelmenzunft etwa ein Drittel der Kosten selbst tragen. Deshalb ist man nach wie vor auf der Suche nach Unterstützern des Projektes.
Der Schelmenturm erzählt aber nicht nur etwas über die Geschichte der Heudorfer Fasnet, sondern auch etwas darüber, wie der Strom ins Dorf kam. 1925 sei die Trafostation erbaut worden, weiß Bürgermeister Dietmar Holstein – im Zuge der damaligen Elektrifizierung. „Deshalb haben wir es bewusst so gemacht, dass die ursprüngliche Nutzung als Trafostation noch sichtbar ist“, erklärt Konrad Braun.
Der Schelmenturm soll zur Fasnet 2018 erstmals eingesetzt werden. Denn am 27. und 28. Januar feiert die Heudorfer Zunft ihr 70-jähriges Bestehen.