Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Im Verdacht
Peter Pilz, österreichischer Abgeordneter und früherer Grünen-Politiker steht im Verdacht, Frauen mehrfach sexuell belästigt zu haben. Pilz sieht sich dagegen als Opfer einer Intrige, gab aber umgehend sein Nationalratsmandat zurück, das er sich bei den Wahlen vor drei Wochen erkämpft hatte. Er habe von Politikern stets hohe Maßstäbe gefordert, „diese gelten selbstverständlich auch für mich“, sagte er in Wien. Der 63-jährige Pilz war rund 30 Jahre lang eine Leitfigur der Grünen. Das Land verdankt ihm die Aufklärung einer Reihe politischer Skandale.
Letzten Sommer trennte sich Pilz von den Grünen im Streit, weil ihn die Basis auf der Kandidatenliste zurückgestuft hatte. Daraufhin trat der gebürtige Steirer bei den Wahlen vor drei Wochen mit eigener Liste an und zieht nun mit acht Mandataren in den neuen Nationalrat ein. Ein Teil früherer GrünenWähler war ihm gefolgt, womit er einen Beitrag dazu leistete, dass die Ökopartei nach 31 Jahren aus dem Parlament flog.
Erste Gerüchte über Belästigungen tauchten bereits 2013 auf: Bei einer Tagung von Politikern und Wissenschaftlern soll Pilz eine junge Frau mehrmals begrapscht haben, berichtet die Wochenzeitung „Falter“. Pilz sagte dazu, er habe „keine Erinnerung“, wolle aber alles tun, um die Vorwürfe aufzuklären. Eine Mitarbeiterin der grünen Parlamentsfraktion hatte Pilz im Januar 2016 beim Volksanwalt für Gleichbehandlung angezeigt, sie 40-mal sexuell belästigt.
Pilz erinnert sich an die Frau, aber seine Version lautet ganz anders: Die junge Frau sei „sehr ehrgeizig“gewesen und habe eine Beförderung verlangt, die er ihr nicht genehmigt habe. Wenig später sei er von der damaligen Grünen-Chefin Eva Glawischnig informiert worden, dass beim Volksanwalt eine Beschwerde gegen ihn wegen sexueller Belästigung eingegangen sei.
Die Grünen wiesen Anschuldigungen von Pilz zurück, der Skandal sei eine Racheaktion wegen ihres Wahldebakels gewesen. Alle anderen Parteien hielten sich mit Reaktionen zurück, hatte doch jede von ihnen mit sexistischen Äußerungen oder Belästigungsvorwürfen in den eigenen Reihen zu tun. Rudolf Gruber