Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bernd Gögel übernimmt Vorsitz der AfD-Fraktion
Jörg Meuthen will diesen Posten zum Dezember und sein Landtagsmandat zum Jahreswechsel abgeben
STUTTGART - Mit einer Zweidrittelmehrheit hat die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag am Donnerstag Bernd Gögel zum neuen Vorsitzenden gewählt. Die Wahl wurde wegen des Wechsel von Jörg Meuthen ins Europaparlament nötig. Damit setze sich der 62-Jährige aus dem Enzkreis gegen vier Mitbewerber durch.
Meuthen hatte sich zuvor öffentlich für Gögel als Nachfolger ausgesprochen. Solch eine Empfehlung des AfD-Bundesvorsitzenden sei nicht unbedingt förderlich, sagte Gögel. „Ich bin in die Wahl mit nicht allzu vielen Vorteilen reingegangen.“14 Stimmen entfielen im dritten Wahlgang auf ihn, fünf auf den Heilbronner Abgeordneten Rainer Podeswa. Es gab eine ungültige Stimme und eine Enthaltung. Beworben hatten sich zudem Heiner Merz, Rainer Balzer und Heinrich Fiechtner.
Fiechtner: „Wildwestmanier“
Gögel nannte es als eines seiner obersten Ziele, seine Fraktion bis zur nächsten Landtagswahl für das konservative Lager koalitionsfähig zu machen. In den bisherigen 20Monaten ihres Bestehens hat die AfD-Fraktion vor allem durch interne Kämpfe auf sich aufmerksam gemacht. Im Sommer 2016 war die AfD über Monate in zwei Fraktionen gespalten. Grund war der Umgang mit dem Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der antisemitische Schriften verfasst hatte. Er verließ schließlich die Fraktion. Im Dezember 2016 trat zudem Claudia Martin aus. Den Rechtsruck in ihrer Fraktion könne sie nicht mittragen, hatte sie als Begründung gesagt. Mittlerweile gehört sie der CDU an und möchte auch in die CDU-Fraktion aufgenommen werden.
Als „radikale Individualisten“bezeichnete Meuthen die Abgeordne- ten Heinrich Fiechtner und Stefan Räpple. Im Beisein Meuthens warf Fiechtner seiner Fraktion am Donnerstag „Wildwestmanier“vor. Er sieht sich als Opfer von Spielregeln, die willkürlich gegen ihn verändert würden. Der Arzt wurde von seiner Fraktion mit einem Redeverbot im Landtag belegt, nachdem er sich für die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge ausgesprochen hatte. Das Landesverfassungsgericht hatte ihm kürzlich bestätigt, damit in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Gögel nimmt indes Fiechtner in die Pflicht. „Wenn Heinrich Fiechtner die Spielregeln der Fraktion nicht akzeptieren möchte, wird die Fraktion Dinge unternehmen“, sagte er. Dennoch erwarte er keine weiteren Verluste von Abgeordneten.
Seit Dienstag sei er offiziell Mitglied des Europaparlaments, erklärte Meuthen. Er rückt für Beatrix von Storch nach, die in den Bundestag gewechselt ist. Für massive Kritik hatte Meuthens Ankündigung gesorgt, das Landtagsmandat vorübergehend behalten zu wollen. Einen Endpunkt für die doppelte Parlamentsarbeit hatte er nicht genannt. Am Donnerstag erklärte er, dass er seinen Fraktionsvorsitz zum Dezember an Gögel abgeben werde. Sein letzter Arbeitstag im Stuttgarter Landtag werde der 20. Dezember sein, wenn der Haushalt verabschiedet wird. Das Mandat in Stuttgart werde er zum Jahreswechsel abgeben.
Ende des Streits mit SPD absehbar
Der seit Jahresbeginn schwelende Streit der AfD- mit der SPD-Fraktion um Vorsitze von Landtagsausschüssen könnte laut Meuthen bald enden. Beiden Fraktionen stünden gemäß ihrer Stärke in dieser Legislaturperi- ode je zwei solche Posten zu. Diese bringen nicht nur Prestige, sondern auch Geld. Ein Ausschussvorsitzender bekommt monatlich 540 Euro zusätzlich. Die SPD hält derzeit aber drei, die AfD lediglich einen. Das geht auf die Wirrungen der zeitweisen Fraktionsspaltung zurück.
„Die SPD hat beschlossen, uns den Vorsitz des Umweltausschusses anzubieten“, so Meuten. Traditionell stünde der AfD als größter Oppositionsfraktion der Vorsitz des bedeutenden Finanzausschusses zu. Meuthen lobte aber die Arbeit des SPDAbgeordneten Rainer Stickelberger, der diesen Posten innehat. „Er macht das wirklich gut. Wir können das akzeptieren.“Über das SPD-Angebot werde die Fraktion abstimmen.
Gögel bleibt zunächst bis Oktober 2018 Fraktionschef. Dann stehen bei der AfD-Fraktion turnusgemäße Neuwahlen des Vorstands an.