Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Forderung nach neuen Ermittlungen im Fall Jalloh
WDR: Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher als Selbstanzündung – Staatsanwaltschaft widerspricht
HALLE/DESSAU-ROSSLAU (dpa/epd) - Zwölf Jahre ist es her, dass der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle jämmerlich verbrannte. Der Fall sorgt bis heute für Diskussionen, denn er wurde nie vollends aufgeklärt. Laut Staatsanwaltschaft Halle gibt es keine neuen Erkenntnisse. Alles, was von Sachverständigen und an Gutachten vorliege, sei aktenkundig gewesen, als die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens getroffen wurde, sagte Oberstaatsanwältin Heike Geyer am Donnerstag.
Das ARD-Magazin „Monitor“hatte berichtet, mehrere Sachverständige aus den Bereichen Brandschutz, Medizin und Chemie kämen mehrheitlich zum dem Schluss, dass ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei als die lange von den Ermittlungsbehörden verfolgte These einer Selbstanzündung durch den Mann aus Sierra Leone.
„Das alles war Bestandteil der Akten“, unterstrich die Staatsanwältin. Dass man Ergebnisse von Gutachten unterschiedlich bewerte, sei nicht ungewöhnlich. „Wir haben völlig eigenverantwortlich die Akten einge- sehen und sind zu einer anderen Bewertung gekommen als die Staatsanwaltschaft Dessau“, sagte Geyer. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft in Halle gab es keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an dem Ausbruch des Brandes. Die Akten würden voraussichtlich noch zur Generalstaatsanwaltschaft gehen, die dann die unterschiedlichen Auffassungen prüfe.
Der Feuertod von Oury Jalloh liegt rund zwölf Jahre zurück. Wie genau es am 7. Januar 2005 zum Tod des Asylbewerbers kam, ist auch in zwei Landgerichtprozessen nicht geklärt worden. Die Familie des Mannes habe Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens eingelegt. Sie habe nun die Möglichkeit diese Beschwerde zu begründen, sagte Geyer. Sollten sich hieraus neue Erkenntnisse ergeben, bestehe die Möglichkeit, ein Verfahren wieder aufzunehmen. Amnesty International fordert unabhängige Ermittlungen. „Wenn Polizisten gegen Polizisten ermitteln, weckt das Zweifel an der Unabhängigkeit der Ermittlungen“, sagte Amnesty-Polizeiexperte Alexander Bosch.