Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Über dem See im Birnauer Oberhof lässt sich’s gut löffeln
Den Bodensee immer nur als Schönwetter-Gewässer zu preisen, wird ihm überhaupt nicht gerecht. Wie wunderbar kann erst ein trüber Tag im Spätherbst sein, um vor einer warmen Suppe sitzend hinauszublicken durch die Fenster und in Ruhe zu beobachten, wie das Wasser am Ufer mit den Strömungen kämpft. Gerade so wie ein Mensch, dessen komplizierte Gedanken ihn manchmal ebenso aufgewühlt zurücklassen wie die Wasser des Sees an einem windigen Novembertag.
Für solche Betrachtungen ist der Birnauer Oberhof natürlich ideal gelegen. Das großzügige Gebäude zeigt nämlich aus beinahe jedem Fenster den See. Und er ist hoch genug gelegen, dass die meist vom Infarkt bedrohte Verkehrsschlagader B 31 nicht zu sehen ist.
Der Oberhof ist eines von inzwischen sehr wenigen Häusern, die nicht nur um die Mittagszeit geöffnet sind, sondern auch den ganzen Nachmittag über mit durchgehend warmer Küche den Hunger stillen. Freilich ist gegen 16 Uhr nicht allzu viel los. Oder besser gesagt: Das Verhältnis Gast zu Kellner steht zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnungen 1:2. Das Haus besitzt viele Gasträume und noch mehr Tische, sodass es schon ein etwas eigentümliches Gefühl ist, sich einsam niederzulassen, während nur der Bodensee neugierig zu den Fenstern hereinschaut.
Die Speisekarte ist nachmittags eingeschränkt, der freundliche Kellner widmet sich aber zu mindestens 100 Prozent seinem aufmerksamen Service. Den Anfang macht ein wunderbarer Blattsalat mit einem wirklich gelungenen Dressing auf der Basis von süßem Senf. Die Salatsoße ist eine schöne Mischung aus würzigen Senfnoten und einer blumigen Süße. Wer sich durch den beachtlichen Wald der Blätter gegessen hat, findet darunter einen kernigen Krautsalat neben einem angenehm erfrischenden Rettichsalat.
Wohlgelungen ist auch die Gulaschsuppe, die eine Menge Fleisch mitbringt sowie Gemüse, vor allem aber auch eine bemerkenswerte Schärfe, die das Aroma verstärkt anstatt es zu erwürgen.
Da der Ober sofort unumwunden zugibt, dass die Maultaschen nicht hausgemacht sind, fällt die Wahl auf Egli-Knusperle mit Kartoffelsalat. Dabei handelt es sich um im Teigmantel ausgebackene Filets vom Kretzer. Und wider Erwarten hat die Küche im Oberhof das Fischlein dabei nicht ausgetrocknet. Gräten bringt es auch keine mit, dafür einen würzigen Grundton, der seinen Eigengeschmack hübsch unterstreicht. Und mit dem erfrischenden Dip auf Sauerrahmbasis kommt eine frische Komponente hinzu.
Der Kartoffelsalat ist allerdings deutlich zu trocken, sodass er – wie für den Schwaben unabdingbar – eben nicht „schwätzt“, sondern gänzlich stumm bleibt. Ihm fehlt es insgesamt etwas an Würze, ein Schluck gute Fleischbrühe hätte ihm vor dem Servieren jedenfalls gutgetan.
Von der etwas abgespeckten Nachmittagskarte abgesehen, bleibt das Speisenangebot schwäbisch-badisch mit Ausflügen ins Saisonale, ergänzt durch Flammkuchen. Gepflegt und in der besonderen Atmosphäre dieses historischen Ensembles, ist es natürlich auch im Sommer gar hübsch draußen zu sitzen und auf den charmanten See zu blicken.
Weinstube Birnauer Oberhof Oberhof 1 88690 Uhldingen-Mühlhofen Telefon 07556-933680 Winteröffnungszeiten Donnerstag bis Dienstag ab 11.30 Uhr, Mittwoch Ruhetag, ab April täglich ab 11 Uhr. Hauptgerichte 8,9028,50 Euro
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