Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nato-Chef
Die 29 Mitgliedstaaten der Nato haben die Amtszeit von Generalsekretär Jens Stoltenberg um weitere zwei Jahre verlängert. Dabei hätte dem Norweger in jungen Jahren wohl niemand vorhergesagt, dass er einmal an der Spitze des mächtigsten Militärbündnisses der Welt stehen würde: Als Teenager zertrümmerte er aus Protest gegen den Vietnamkrieg die Fenster der US-Botschaft in Oslo, als junger Sozialdemokrat mit wehender schwarzer Mähne wetterte er wütend gegen die Nato. Doch die Politik war Stoltenberg quasi in die Wiege gelegt: Seine Mutter war Staatssekretärin, sein Vater brachte es bis zum Außenminister. 1991 zog er ins Parlament ein, 1993 bekam er seinen ersten Ministerposten. 2000 brachte er die konservativ geführte Regierung zu Fall und wurde mit 41 Jahren Ministerpräsident.
Bekannt auch außerhalb Norwegens wurde Stoltenberg spätestens nach dem Massaker von Utöya im September 2011: Damals gelang es ihm, sein schockiertes Land zu trösten. Allerdings wurde ihm bei der Parlamentswahl 2013 auch zum Verhängnis, dass die Sicherheitsbehörden bei dem Attentat versagt hatten. Stoltenberg wurde abgewählt.
Seine guten Kontakte nach Russland waren ein Argument, Stoltenberg 2014 zum Nachfolger des damaligen Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen aus Dänemark zu machen. Und Norwegens Beteiligung am Militäreinsatz in Afghanistan und 2011 an den Luftangriffen gegen Libyen hatten ihm auch den Respekt des mächtigsten Verbündeten USA gesichert. Stoltenbergs schwerster Tag seiner Amtszeit war wohl der 25. Mai dieses Jahres, als US-Präsident Donald Trump das übliche Bekenntnis zur Beistandsverpflichtung des NatoVertrages verweigerte.
In Berlin werden seine Fähigkeiten als Brückenbauer geschätzt. So ermöglichte es seine Vermittlung, dass deutsche Abgeordnete nach langem Streit mit Ankara im September wieder Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Konya besuchen konnten. (AFP)