Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Start ja, Einsicht nein
Russlands Olympia-Komitee einstimmig für Pyeongchang-Teilnahme unter neutraler Flagge
MOSKAU (SID/dpa) - Jetzt ist es amtlich: Russland schickt seine Athleten unter neutraler Flagge zu den Olympischen Winterspielen nach Pyeongchang (9. bis 25. Februar). Dies beschloss das russische Olympia-Komitee ROC am Dienstag einstimmig. Die Entscheidung pro Olympia sehen die Verantwortlichen als Chance, doch von Einsicht angesichts des Dopingskandals fehlt weiterhin jede Spur.
„Das Russische Olympische Komitee hat einstecken müssen, um den Sportlern ihren olympischen Traum ermöglichen zu können“, sagte ROCChef Alexander Schukow. „Alle Redner waren sich einig: Unsere Sportler sollten nach Südkorea fahren und dort Siege zum Ruhme Russlands erringen.“Erneut schob Schukow danach Whistleblower Grigorij Rodtschenkow die Schuld an dem Skandal zu: „Die Schmid-Kommission hat gründliche Beschreibungen von Rodtschenkow und seinen Komplizen geliefert. Sie haben dem russischen Sport und der olympischen Bewegung enorm geschadet.“Rodtschenkow hatte als Kronzeuge die Aufdeckung des Dopingskandals rund um die Winterspiele 2014 in Sotschi massiv vorangetrieben. Die Kommission unter der Leitung des Schweizers Samuel Schmid hatte dem IOC nach eingehenden Untersuchungen zu Sanktionen gegen Russland geraten. Und die Zahl der untersuchten Einzelfälle steigt weiter an: Mittlerweile befasst sich die Oswald-Kommission mit 46 Sportlern, die von Manipulationen in Sotschi profitiert haben sollen.
Smirnow: „Im Sinne der Athleten“
In der vergangenen Woche schon schloss das IOC das ROC wegen systematischen Dopings von den kommenden Spielen aus, saubere Athleten dürfen aber unter neutraler Flagge starten. Auch darf weder die russische Hymne bei Olympia gespielt werden noch die russische Fahne in Pyeongchang wehen.
Witali Smirnow, der Vorsitzende des russischen Anti-Doping-Ausschusses, begrüßte die Entscheidung für den Start unter neutraler Flagge: „Wir haben die richtige Entscheidung im Sinne unserer Athleten getroffen. Die Teilnahme an den Winterspielen 2018 ist eine Chance, unseren Status, unsere Stellung und unseren guten Namen wiederherzustellen.“Der russische Eishockey-Nationalspieler Ilja Kowaltschuk ergänzte: „Gott sei Dank hat der Ärger ein Ende.“
Zuletzt hatte bereits Staatspräsident Wladimir Putin erklärt, dass das Riesenreich die Spiele in Pyeongchang nicht boykottieren werde und damit den Weg frei gemacht. In den vergangenen Tagen hatten sich russische Athleten aus allen Wintersportarten für einen Start ausgesprochen, obwohl die Sanktionen auch scharf kritisiert worden waren. Die Athleten müssen sich zum einen für die Spiele sportlich qualifizieren, zum anderen müssen sie nachweisen, dass sie sauber sind. Ein Gremium unter Vorsitz der ehemaligen französischen Sportministerin Valérie Fourneyron soll feststellen, wer für einen Start in Frage kommt. Im Anschluss entscheidet ein Dreiergremium des IOC über die endgültige Starterlaubnis. Vorsitzende ist Nicole Hoevertsz (Aruba).
Zugelassene Sportler müssen in Pyeongchang dann unter der Teambezeichnung OAR (Olympic Athlete from Russia) starten. Dies sorgte jedoch zuletzt für Kritik. Das britische IOC-Mitglied Adam Pengilly stieß sich an der Namensgebung für das neutrale Team. „Olympischer Athlet von Russland“, bemängelte der Brite, „klingt nicht wirklich neutral.“
Für die Sportler, die nicht an Olympia teilnehmen, will Schukow derweil mit dem IOC über Alternativen sprechen: „Alternative Wettkämpfe für die Athleten auszurichten, die nicht nach Pyeongchang fahren, ist ein Thema, das es zu diskutieren gilt.“
Wer tatsächlich nach Südkorea reist, hängt auch von den anstehenden Verfahren der lebenslang gesperrten Sportler vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ab. Zuvor hatten 25 russische Athleten, die vom IOC lebenslang für alle Funktionen bei Olympia gesperrt worden waren, Einspruch beim CAS eingelegt. Am Dienstag legte das IOC nach und sanktionierte sechs Eishockeyspielerinnen. Die Zahl der vom IOC gesperrten russischen Athleten erhöht sich damit auf 31.