Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gesetzesinitiative in Sachen Windkraft
Per Bundesratsinitiative will Baden-Württemberg Gesetzeslücke bei Vergabe schließen
STUTTGART (kab) - Baden-Württemberg will nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“die Ausschreibungen für Windkraftanlagen an Land verändern. Mit einer Bundesratsinitiative sollen Sonderregeln für Bürgerenergiegesellschaften im Erneuerbare-Energien-Gesetz abgeschafft werden. Diese haben nach Meinung von Grünen und CDU zu Verzerrungen am Markt geführt. Das Kabinett will sich am Dienstag mit der Initiative befassen.
STUTTGART - Baden-Württemberg will die Ausschreibungen für Windkraftanlagen verändern. Mit einer Bundesratsinitiative will das Land Sonderregeln für Bürgerenergiegesellschaften im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen. Diese haben nach Meinung von Grünen und CDU im Südwesten nämlich zu Verzerrungen am Markt geführt und bremsen die Energiewende. Das Kabinett will sich am Dienstag mit der Initiative von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) befassen, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt.
Seit vergangenem Jahr läuft der Ausbau der Windkraft in Deutschland über Ausschreibungen. Wer das günstigste Angebot macht, bekommt den Zuschlag. Damit Bürgerenergiegesellschaften auch weiterhin gegenüber Energieunternehmen eine Chance auf einen Zuschlag haben, bekamen sie Privilegien zugesprochen. Unter anderem müssen sie zunächst keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorlegen, wenn sie sich an einer Ausschreibung beteiligen, sondern können diese nachreichen. Große Projektierer müssen diese indes direkt vorweisen. Zudem haben die Bürgerenergiegesellschaften länger Zeit, die Windkraftanlage zu bauen – viereinhalb statt zweieinhalb Jahre.
Diese Sonderregeln haben professionelle Windkraftunternehmen für sich entdeckt. In den drei Ausschreibungsverfahren, die die Bundesnetzagentur 2017 durchgeführt hat, gingen stets mehr als 90 Prozent der Zuschläge an Bürgerenergiegesellschaften. Meist steckte hinter diesen Gesellschaften allerdings ein erfahrener Projektierer.
Vorstoß gegen Marktverzerrung
Diese Marktverzerrung sieht das baden-württembergische Umweltministerium als problematisch an. Es sei zu befürchten, heißt es in der Bundesratsinitiative, dass nur wenige der Bürgerenergieprojekte, die den Zuschlag bei den drei Ausschreibungen bekommen haben, auch realisiert würden. Denn bei fast allen fehlte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung.
Dies ist ein umfangreiches Verfahren, bei dem sämtliche Auswirkungen der Anlage auf die Umwelt geprüft werden. „Meines Wissens wird jede zweite Planung in BadenWürttemberg wegen des Immissionsschutzgesetzes nicht erteilt“, erklärt der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion Paul Nemeth auf Anfrage.
Seine Fraktion begrüßt den Vorstoß von Minister Untersteller, der bereits mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt ist. „Dadurch wird eine gut gemeinte, aber schlecht umgesetzte Regelung im EEG korrigiert“, sagt Energieexperte Nemeth. „Mit dieser Bundesratsänderung lässt sich eine höhere Planungssicherheit für die Energiewende organisieren.“Denn wenn nicht klar ist, wann die Bürgerenergieprojekte aus dem vergangenen Jahr realisiert werden, und ob überhaupt, könnte das die Netzsicherheit in Zukunft beeinträchtigen. Zudem kommen Investoren und Zulieferer der Branche in Bedrängnis.
Auch die Grünen-Fraktion unterstützt die Initiative. „Wir wollen einen kontinuierlichen und raschen Ausbau der Windkraft“, erklärt ein Fraktionssprecher. „Die Entwicklungen des vergangenen Jahres führten aber dazu, dass wir eine Delle zu befürchten haben.“
Sonderregeln beseitigen
Die Fehlentwicklung hat auch der Bund erkannt und nachgesteuert. So
hat der Bundestag vergangenen Sommer beschlossen, dass in den ersten beiden Ausschreibungsrunden im Februar und Mai 2018 sich Bürgerenergiegesellschaften nur dann beteiligen dürfen, wenn auch sie eine Genehmigung vorlegen können. Das reicht nicht, findet BadenWürttemberg und will daher in der Bundesratssitzung am 2. Februar seine Initiative einbringen. Diese sieht vor, dass die Privilegien im gesamten Jahr 2018 und auch 2019 ausgesetzt sein sollen. Also so lange, bis eine künftige Bundesregierung eine umfassendere Reform des EEG vorlegt.